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Saarbrücken

Impf-Aktion im Haus Afrika

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Um alle Fragen rund um die Corona-Impfung für Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte einfacher zu beantworten, hat das Gesundheitsministerium zusammen mit der Stadt Saarbrücken eine Impf-Aktion gestartet. Bei der VHS und Flüchtlingsorganisationen wurde im Vorfeld dafür geworben und so konnten sich 100 Menschen für eine garantierte Impfung beim lokalen samo.faPlus-Partner, dem Haus Afrika anmelden. Parallel zur lokalen Dialogkonferenz konnten so viele Menschen geimpft werden.  Der SR war mit vor Ort und hat die lokalen Koordinator*innen Lamine Conté und Lillian Petry zur Aktion befragt. Den Beitrag dazu gibt es hier. 

„Corona macht kränker!“ Online-Konferenz in Saarbrücken am 26. Februar

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Einladung zum Aktionstag „Corona macht kränker!“
Freitag, 26.02.2021, 16.00-19.30 Uhr, Saarbrücken
Eine Online-Austausch-Konferenz mit:
– Politik
– Verwaltung
– Ehrenamtlichen
– Geflüchteten, Eingewanderten und Menschen mit Einwanderungsgeschichte
– Zivilgesellschaft

Referentin: Prof. Dr. Hella von Unger
Professorin für Soziologie mit dem Schwerpunkt “Qualitative Methoden der
empirischen Sozialforschung”, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Moderation:
Emine Isgöre, Netzwerk ANKOMMEN e.V.
Prof. Dr. Hella von Unger

Ablauf
– Begrüßung
– Aktuelle Corona-Situation in Saarbrücken und Umgebung
Veronika Kabis, Leiterin des Zuwanderungs-und Integrationsbüros (angefragt)
– „Geflüchtete und Eingewanderte als Partner beteiligen-Partizipative Lösungsansätze
für Gesundheit“
Ein Vortrag von Prof Dr. Hella von Unger
– „Die Geschichte von Corona“, ein Theaterstück der mobilen Aufklärungsgruppe
– offene Diskussion

Die ganze Einladung gibt es hier zum Download. 

Wie wirksam sind Informationsmaterialien zu Corona?

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Auswertung einer Befragung von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte/ samofaPlus/ Kompetenznetzwerk

Die Arbeitsgruppe Gesundheit des Kompetenznetzwerks von samofaPlus beschäftigt sich u. a. mit gesundheitlicher Prävention von Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Dabei hat sich die Gruppe mit der Frage beschäftigt, wie wirksam die vorhandenen Informationsmaterialien aus der Sicht der Zielgruppe sind. Um die Vielzahl an möglichen Themen einzugrenzen und aus aktuellem Anlass konzentrierte sich die Gruppe in einem ersten Schritt darauf, die vorhandenen Informationen im Zusammenhang mit Corona zu betrachten; es sollte u. a. festgestellt werden, auf welche Weise die vorhandenen Informationsmaßnahmen die Betroffenen erreichen und welche Faktoren wesentlich sind, damit sich Betroffene gut informiert fühlen.

Vorgehensweise

Über die Mitglieder der Arbeitsgruppe Haus Afrika e.V. (Saarbrücken), Move Global e.V.(Berlin) und Bündnis mittendrin! e.V. in Fulda wurde ein möglichst kurzer Fragebogen in digitalem Format konzipiert und über Whatsapp- und Facebookgruppen in die jeweiligen Netzwerke verteilt. Daher wohnen die Befragten mit großer Wahrscheinlichkeit im lokalen Umfeld der drei  Standorte. Da es sich jedoch um einen standardisierten Online-Fragebogen mit Ankreuzmöglichkeiten (geschlossene Fragen; teilweise Mehrfachnennungen möglich) handelt, kann die Teilnahme von Geflüchteten aus anderen Standorten nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse der Umfrage lassen jedoch nicht darauf schließen, dass die Standortzugehörigkeit eine Auswirkung auf das Antwortverhalten der 62 Befragten hatte.

Die sozio-demographischen Daten im Überblick

Die deutliche Mehrheit der Befragten war weiblich (66%) und unter 40 Jahre alt (76%). Mehr als 88% der Befragten gehen einer Beschäftigung nach (38% voll- oder teilzeitbeschäftigt, 24% Schüler, 15% Studenten). Die Minderheit (11%) geht keiner Beschäftigung nach oder ist Hausmann/Hausfrau.

Auswertung der Antworten zu Corona-bezogenen Fragen

Alle Teilnehmer:innen (100%) haben Informationen über Corona erhalten. 74% der Befragten erhalten Informationen aus ihrem sozialen Umfeld, 58% der Befragten bezieht Informationen aus Eigenrecherchen. Jede:r Vierte (22%) bezieht dabei konkret Informationen aus Medien (Zeitung, soziale Medien, etc.). Die Qualität der Informationen ist für die Mehrheit der Befragten (97%) mindestens zum größten Teil aufschlussreich bis sehr aufschlussreich. 93% der Befragten empfindet die zur Verfügung gestellten Informationen zum größten Teil verständlich bis sehr verständlich. Wenn Informationen als unverständlich wahrgenommen wurden, haben von 47 Befragten 77% angegeben, die Informationsmenge sei zu groß gewesen, mehr als jede:r Vierte (28%) hat Sprach- und Verständnisschwierigkeiten als Hauptgrund angegeben. Mehr als 92% der Teilnehmer:innen gibt an, die erhaltenen Informationen im Alltag nutzen zu können. Knapp 70% gibt an, mit den Corona-Informationen zufrieden zu sein. Mehr als die Hälfte der Befragten (54%) kannte die AHA+L+A-Regel nicht. Als wichtigste Informationen, welche laut Geflüchteter weitergegeben werden sollten, werden Hygiene (70%), Corona-Symptome (51%) und das weitere Vorgehen, wenn man Symptome aufweist (59%), sowie das Verhalten im öffentlichen Raum (Arbeit, öffentliche Verkehrsmittel, etc.) (58%) genannt. Mehr als 80% der Befragten gibt die mündliche Weitergabe von Informationen als wichtigste Wissensquelle an. Nahezu die Hälfte der Befragten wünscht sich Informationen in verschiedenen Sprachen. JANUAR 2021

Saarbrücken: Nach diversen Anfeindungen stellt Haus Afrika Anzeige wegen Volksverhetzung

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Der Saarbrücker samo.fa Partner Haus Afrika e.V. war in den vergangenen Wochen vermehrt Anfeindungen ausgesetzt. Ein anonymer Brief veranlasste den Verein nun zur Anzeige wegen Volksverhetzung, wie unter anderem sol.de berichtet. Der Verfasser beschwere sich über Ruhestörungen und ruft die Anwohner*innen dazu auf, sofort die Polizei rufen und eine Ordnungswidrigkeit anzeigen, wenn sie sich gestört fühlen. Immer wieder in den letzten Wochen warfen Unbekannte Eier auf die Terrasse des Vereins. Zudem gingen regelmäßig Drohanrufe ein. Außerdem haben Einbrecher versucht, in ein Fenster des Vereins einzusteigen. Staatschutz und Staatsanwaltschaft haben den anonymen Brief inzwischen ausgewertet, wie “SR” berichtet. Dabei konnte kein strafrechtlich relevanter Inhalt festgestellt werden, sodass der Tatbestand der Volksverhetzung nicht gegeben sei, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Der Bundesverband NeMO verurteilt Rassismus und Diskriminierung in jeder Form und stellt sich solidarisch mit seinem Mitglied Haus Afrika.

Saarbrücken: Resolution gegen Rassismus und Gewalt

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Der Stadtrat von Saarbrücken hat am 30. Juni 2020 eine entsprechende Resolution verabschiedet. Ausgelöst durch den rassistisch motivierten Angriff auf einen Studierenden aus Gabun am 6. Juni 2020 hatte der  Integrationsbeirat diese Resolution eingebracht.

In der Resolution gibt sich der Stadtrat die Aufgabe, zu überprüfen, „mit welchen Maßnahmen sie die Vorbeugung gegen rassistisch motivierte Gewalt in Saarbrücken stärken kann, und ruft dabei zivilgesellschaftliche und institutionelle Partnerinnen und Partner an einen Tisch.“

Näheres auch unter: https://www.saarbruecken.de/rathaus/stadtpolitik/integrationsbeirat

Dies ist nur eine von drei wichtigen Maßnahmen, die den Saarbrücker  Integrationsrat derzeit beschäftigen: neben der aktuellen Rassismusdebatte geht es auch um die Umsetzung des Aktionsprogramm des Integrationsrat und eine inhaltliche Prüfung des Saarbrücker Integrationskonzept.

Im Kern des Aktionsprogramms, das der Vorsitzende Lamine Conté am  30.06.2020 dem Stadtrat vorgestellt hat, steht der Wunsch nach einer veränderten Stadtpolitik, die mehr Beteiligung von Migrant*innenorganisationen und eine aktivere Rolle der migrantischen Bevölkerung Saarbrückens am Stadtgeschehen ermöglicht.

Das Integrationskonzept, das als Grundlage dient für die Integrationspolitik der kommenden Jahre, wird vom Integrationsbeirat als nicht klar und nachprüfbar genug bemängelt. Er schlägt vor, das Konzept durch eine Kommission unter der Führung des Integrationsrat zu modifizieren. An der Kommission sollen sich Migrant*innenorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Politik und Verwaltung beteiligen.

Wir wünschen dem Integrationsbeirat und seinem charismatischen Vorsitzenden Lamine Conté am samo.fa-Standort Saarbrücken viel Kraft und Mut!

Es bleibt spannend!

Zu weiteren Aktivitäten der Verbünde im BV NeMO gegen Rassismus.

 

 

 

 

Saarbrücken: Lamine Conté von Haus Afrika e.V. fordert Soforthilfe-Programm für Selbstorganisationen von Zugewanderten

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Selbstorganisationen von Zugewanderten leisten wichtige Unterstützung durch die Verbreitung von mehrsprachigen Informationen zur Corona-Krise. Sie und andere gemeinnützige Vereine müssen durch ein Soforthilfe-Programm unterstützt werden, sagt Lamine Conté, Vorsitzender des saarländischen Integrationsrates und Koordinator des lokalen samo.fa-Partners Haus Afrika e.V. Er fordert die Landesregierung dazu auf, auch diese Organisationen durch ein Soforthilfe-Programm finanziell zu unterstützen.

Ein Artikel dazu ist im Wochenspiegel erschienen.

Mehr Mitbestimmung in der Stadt

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„Unser größter Gegner heißt Wahlbeteiligung“, sagt Lamine Conté vom Saarbrückener samo.fa-Partner Haus Afrika. Die Saarbrückener haben wochenlang Wahlkampf für den Integrationsbeirat der Stadt gemacht – mit Flyern, Youtube-Videos und vielen persönlichen Gesprächen. 13 Migrantenorganisationen haben sich für die neue Legislaturperiode auf der „internationalen Liste“ zusammengeschlossen. Wobei es „Legislatur“ – Gesetzgebung – nicht wirklich trifft, bedauert Conté, der sich schon lange im Gremium beteiligt. Mehr als Vorschläge an den Stadtrat kann der Rat nicht machen, den es in jeder Kommune zwecks politischer Beteiligung der nicht-deutschen Bürger*innen gibt und der in manchen Städten noch immer „Ausländerbeirat“ heißt. Gewählt wird alle vier Jahre, „in Saarbrücken auch leider nicht zum Kommunalwahltermin, obwohl wir versucht haben, die Stadt davon zu überzeugen“, sagt Lillian Petry, die sich mit Conté die samo.fa-Koordinationsstelle teilt. „Viele Menschen kriegen deshalb gar nicht mit, dass Wahlen sind – weil sie ja sowieso davon ausgehen, dass sie hier nicht wahlberechtigt sind ohne deutschen Pass.“

Mit ihrer „internationalen Liste“ ist das Saarbrückener Netzwerk am Sonntag mit sechs Sitzen in den Integrationsbeirat eingezogen. Neben ihnen ist ein weiterer migrantischer Kandidat im Rat, fünf Sitze halten die politischen Parteien der Stadt. Alle Migrantenorganisationen aus  dem Haus Afrika beteiligen sich an der „internationalen Liste“, dabei auch viele Menschen mit jüngerer Fluchtgeschichte, die bei Projektbeginn neu nach Saarbrücken gezogen sind. Der Gegner Wahlbeteiligung hat allerdings wirklich zugeschlagen: Von rund 30.000 Wahlberechtigten beteiligten sich nur 600 an der Wahl. „Obwohl wir sogar Wahlinformationen neu kopiert und an den Haustüren verteilt haben, nachdem wir mitbekommen haben, dass viele Menschen den Brief der Stadt gar nicht richtig wahrgenommen haben“, berichtet Petry. Alles ehrenamtlich und ohne irgendeine finanzielle Unterstützung durch die Kommune, „für Integrationsbeiräte ist das alles nicht vorgesehen.“ Dabei seien die Wahlberechtigten über dieses Gremium gar nicht aufgeklärt. „Man müsste sehr viel Öffentlichkeitsarbeit machen, damit mehr Menschen wählen gehen“, sagt Petry. „Jetzt haben wir natürlich ein Repräsentanzproblem.“

Und ein neues Thema für die politische Arbeit. „Das müssen wir unbedingt verändern“, sagt Petry. „Wir brauchen einen anderen Wahltermin und offizielle Unterstützung, um das Gremium und die Wahl bekannter zu machen: Das ist auch eine Voraussetzung für mehr Teilhabe.“

Lillian Petry wünscht sich „Teilhabe für alle“.

„Teilhabe für alle“ ist das zentrale Ziel des Saarbrücker Netzwerks: „Wir wollen unsere Stadt mitgestalten“, sagt Lamine Conté. „Die Themen und Vorschläge von Migrantinnen und Migranten fehlen in Saarbrücken an vielen Stellen.“ Trotz der großen Teilhabe-Defizite sieht er den Rat als Chance: „Wir kommen so mit der Stadtpolitik ins Gespräch über unsere Forderungen und Themen“, sagt Conté. „Ignorieren lassen wir uns nicht, wir haben durch dieses politische Engagement in der Institution trotzdem Möglichkeiten: Wir sprechen als gemeinsame Stimme und können damit ja auch an die Öffentlichkeit gehen.“ Als Zusammenschluss geht das besser, als über Einzelpersonen. „So vertreten wir Menschen kulturübergreifend und vertreten damit Interessen, die alle Migrantinnen und Migranten betreffen.“

Konkret fordert das Netzwerk zum Beispiel die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und aller Zweckbetriebe der Stadt, einen finanziellen Fonds für Förderung der Struktur von Migrantenorganisationen  – und auch das kommunale Wahlrecht für Zugewanderte. Das ist die weitreichendste Forderung, für die eine Gesetzesänderung im Bundesland erforderlich ist. „Aber Saarbrücken als Landeshauptstadt soll sich dafür stark machen, das werden wir einfordern“, sagen Petry und Conté. „Ein Integrationsbeirat ist keine wirkliche politische Teilhabe, weil Menschen ohne deutschen Pass nur vorschlagen, aber nicht entscheiden dürfen. Das ist ein Demokratiedefizit, zu dem wir laut etwas sagen.“

„Unser größter Gegner heißt Wahlbeteiligung“ –  Lamine Conté hat wochenlang Wahlkampf für den Integrationsbeirat in Saabrücken gemacht.

Weitere politische Themen der internationalen Liste sind: Ein „Welcome Center“, in dem Migrant*innen neu Angekommenen Erstorientierung anbieten, günstige Raumnutzung für interkulturelle Vereine und eine Verdoppelung der Zuschüsse für diese und die Integrationsprojekte des Integrationsbeirats. Auch sollen alle städtischen Veranstaltungen nur fair gehandelte Produkte verwenden. Das vollständige Wahlprogramm steht hier.

„Wir werden alle Chancen nutzen, die uns das Modell Integrationsbeirat zur Teilhabe bietet“, sagen die beiden Koordinator*innen. „Auch, wenn das Modell selbst große Schwächen hat.“

„Ich bin schwarz und habe ein Kopftuch: Wie kann ich da Medizin studiert haben?!“

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Von Rassismus-Betroffene aus Saarbrücken berichten in  diesem Beitrag über den Alltagsrassismus, den sie in ihrer Stadt erleben. Einige leben seit Jahren in Saarbrücken, einige sind 2015/2016 gekommen, andere in Saarbrücken aufgewachsen ­–  einer Stadt mit fast 30.000 Menschen mit Migrationsgeschichte. Gemeinsam haben sie dies: Sie werden als Nicht-Deutsche wahrgenommen und immer wieder ausgegrenzt – unabhängig von Geburtsort, Staatsbürgerschaft oder gesellschaftlichen Engagement.

„Es ist bei allen diesen Fällen für uns schwierig, Rassismus zu beweisen“, sagt Lillian Petry, samo.fa- Koordinatorin vom Saarbrücker Haus Afrika. „Es gibt oft keine Zeugen, viel spielt sich auch über Blicke oder Ausschluss von sozialen Aktivitäten oder Besprechungen bei der Arbeit ab.“ Und: „Es ist leider Alltag für viele Menschen, dass sie aufgrund ihrer vermeintlichen Herkunft ausgegrenzt werden.“ Betroffene seien zudem nicht immer bereit, etwas dagegen zu tun. Auch hier berichten sie anonym, unter anderem um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden.

Auch auf Geflüchtete aus dem samo.fa-Projekt wirken diese Ausgrenzungen inzwischen als Hürde beim  wirklichen Ankommen in der Gesellschaft. Denn: „In Sprachkursen oder Beratungssituationen waren sie während der ersten Zeit nach ihrer Flucht sozusagen in einem Schutzraum und sowieso in einer Ausnahmesituation“, sagt Lillian Petry. In Saarbrücken gab es wie in vielen Städten in 2015 viel spontane Hilfsbereitschaft – „vor allem in Form von Sachspenden und Geschenken, die aber nicht immer zu den Bedürfnissen passten: Der Wert von deutschem Porzellan und anderen Einrichtungsgegenständen erschließt sich nicht jedem einfach so, das hat manche Spender beleidigt.“ Es habe auch 2015 schon Sätze gegeben wie „Dann geh doch zurück nach Syrien“, erzählt die Koordinatorin. Allerdings sei das nicht per se Rassismus. „Manchmal sind solche Fragen oder Bemerkungen eben keine Einstellungen, sondern Missverständnisse, die sich durch Nachfragen und Kontakt auflösen“. Wenn Kinder fragten, ob das Essen halal sei, fänden das einige Bürger*innen unhöflich. „Wer dann nachfragt und eine Antwort bekommt, verändert aber meistens die Perspektive und lernt Respekt.“

Für die Geflüchteten im vierten Jahr beginnt aber jetzt eine andere Phase, was das Erleben von Rassismus angeht: Sie bewegen sich weniger in Schutzräumen, sondern auf dem Arbeitsmarkt, im allgemeinen Bildungssystem, in ihrer Nachbarschaft – die Ausnahmesituation endet, der Alltag beginnt. Und in ihm gibt es Ausschlussmechanismen. „Rassismus ist eine Wand, vor die Menschen laufen und die sie in ihrer Entwicklung bremst.“

 

H.B., Ärztin:

„Rassismus erlebe ich, wenn ich meinen Arztkittel anhabe und Patienten mich trotzdem Krankenschwester nennen. Oder sogar die anderen Ärzte fragen, ob ich Blut abnehmen kann. Ich bin schwarz und habe ein Kopftuch: Wie könnte ich da Medizin studiert haben?!

 

R.: Lehrerin

„Ich bin von Beruf Lehrerin mit 14 Jahren Erfahrung. Mangels Anerkennung der in meinem Herkunftsland erworbenen Berufsausbildung und -erfahrung arbeite ich als Betreuerin im Ganztagsbereich der Schule. Meine anderen Kollegen mobben mich: Informationen kommen nicht bei mir an, Gespräche verstummen, wenn ich in den Raum komme. Ich gehöre nicht dazu. Das wird mir jeden Tag gezeigt. Ich kann nicht dagegen tun, weil ich Angst habe, meinen Job zu verlieren. Alle gehen früh nach Hause und ich bleibe jeden Tag länger, weil ich aus Druck und Angst heraus, mehr leisten muss, damit es nicht noch schlimmer wird.

 

Y.K., Schülerin

Rassismus erlebe ich, wenn ich spät bin, wie alle anderen auch, und die Lehrerin meint, für mich wäre es normal. Ich bin hier in Deutschland geboren, werde aber immer mit “afrikanisch” verbunden.

 

W., Ärztin

„Patienten fragen mich, ob ich eine richtige Ärztin bin, weil ich schwarz bin.“

 

R.O., Fußballspieler:

„Rassismus fühle ich im Alltag, wenn ich Sprüche höre auf dem Platz wie „Affe“, „Baumwollpflücker“ oder „Schwarze beim Fußball“, wenn ich einen Fehler gemacht habe.“

 

A.M., studierter Informatiker mit Aufenthaltstitel:

„In einer Maßnahme hat ein Teilnehmer gesagt, dass ich nach afrikanischen Gerichten rieche.“

 

L.K., Bürokauffrau und Kinderbetreuerin, verheiratet mit einem Deutschen/einer Deutschen:

„Rassismus ist für mich, wenn meine Schwiegermutter fragt, ob es in Afrika es auch Brot mit Butter und Marmelade gibt.“

 

P.B., Pastor und Lagerist:

„Ich bekomme bei der Arbeit immer die Aufgaben, die die anderen nicht machen wollen.“

 

V.K., Ehrenamtliche bei Haus Afrika:

„Im Schwimmbad gehen Leute weg, wenn wir mit unserer Kindergruppe mit vielen Flüchtlingskindern kommen.“

 

Olli, Altenpflegerin

„Meine schwarze Hautfarbe wird mit HIV-Infektion gleichgesetzt.“

Haus Afrika e.V. wird als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt

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Der Verband Haus Afrika e.V. feierte in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen und hat sich in Saarbrücken unter anderem in der Jugendarbeit als wichtiger Ansprechpartner etabliert. Dies wird von nun an auch offiziell gewürdigt: Der Antrag zur Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe ist vom Jugendhilfeausschuss des Regionalverbandes Saarbrücken angenommen geworden.

Als Anerkennung zum eigener Träger ist eine Förderung der Arbeit nachhaltig gesichert. „Aber nicht nur über die finanzielle Unterstützung freuen wir uns”, erklärt Lamine Conté, Geschäftsführer von Haus Afrika und einer der lokalen Koordinator*innen des samo.fa-Projekts in Saarbrücken, „es ist vor allem eine Anerkennung unserer langjährigen Arbeit und ermöglicht uns auch eine politische Partizipation, zum Beispiel durch eine Aufnahme in den Jugendhilfeausschuss.” Der Verband vereint zurzeit 11 Migrantenorganisationen in der Stadt. Als Träger der Jugendhilfe will er sich für die Interessen der in der Jugendarbeit tätigen Migrantenorganisationen und der jungen Geflüchteten einsetzen.

Vor allem die Unterstützung durch das samo.fa-Projekt kann als Vorbild für einen Strukturaufbau zum selbstständigen Träger gesehen werden. „Durch das Projekt gab es für uns wichtige Mittel wie zum Beispiel die Stelle für die Projektkoordination. Sonst mussten wir für jede Maßnahme kämpfen und sind oft auf den Kosten sitzen geblieben”, erklärt Lamine Conté. Durch die zukünftige Unterstützung des Jugendamts kann der Verband seine Angebote bald längerfristig über das samo.fa-Projekt hinweg finanzieren und zum Beispiel Bereiche wie die Verwaltung professionalisieren.

Pressemitteilung: Geflüchtete: Noch nicht wirklich im neuen Alltag angekommen 5 – Schwieriger Zugang für Geflüchtete zum Gesundheitssystem

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Dortmund, 23. August 2018. Der Zugang zum Gesundheitssystem hat für Geflüchtete viele Hürden – auch, weil der Umgang mit Körper und Krankheit kulturell verschieden ist. Durch bürokratische Hindernisse, sozial-psychologische und sprachliche Barrieren fällt es Geflüchteten in Deutschland oft schwer, auch einfache medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen. Durch kulturelle Unterschiede im Umgang mit Krankheit sind besonders Frauen von diesen Problemen betroffen.

Einige Städte, in denen das samo.fa Projekt tätig ist, ermöglichen mit der Hilfe so genannter Gesundheitsmittler*innen  einen erleichterten Zugang zum Gesundheitssystem für Geflüchtete: dies ist eine Sonderform von Sprachmittler*innen, die selbst aus migrantischen Communities kommen und so Geflüchteten das deutsche Gesundheitssystem besser nahe bringen können. Samo.fa steht für Stärkung der Aktiven aus Migrantenorganisation in der Flüchtlingsarbeit. Das Projekt wird seit 2016 vom Bundesverband Netzwerke von Migrantenorganisationen e.V. organisiert. Im Projekt vernetzen sich vor Ort Aktive aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit miteinander und mit anderen lokalen Akteuren. Deutschlandweit beteiligen sich mehr als 500 migrantische Vereine und Initiativen in 32 Städten am Projekt, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gefördert wird.

Gesundheitsmittler*innen sind zum Beispiel im Rahmen des samo.fa Projekts in Saarbrücken aktiv. Die Koordinatorin vor Ort, Lillian Petry, erklärt die Wichtigkeit der Betreuung durch sie: „Geflüchtete in Deutschland haben, so lange ihr Status nicht geklärt ist, an vielen Orten  keine Gesundheitskarte, mit der sie einfach zum Arzt gehen können. Ohne geklärten Bleibestatus benötigen sie eine amtliche Genehmigung für einen Arztbesuch.“ Und für eine professionelle Behandlung benötigen sie zudem Übersetzer*innen, die sie begleiten.

Kulturelle Unterschiede sind eine weitere Barriere für Geflüchtete. „Sexualität ist in einigen Communities ein Tabuthema“, erklärt Lillian Petry. „Die Themen Aufklärung und Verhütung, Geschlechtskrankheiten oder der erste Gang zum Frauenarzt sind für viele Geflüchtete neu und unangenehm. Deshalb müssen sie besonders kultursensibel begleitet werden.“  Menschen mit eigener Migrationserfahrung können die Situation der Betroffenen nachempfinden und schwierige Themen dementsprechend besser vermitteln. Migrantenorganisationen wie das Haus Afrika in Saarbrücken sind durch ihre Arbeit ein wichtiger Ansprechpartner in der Flüchtlingsarbeit geworden und arbeiten mit anderen Vereinen wie der deutschen AIDS-Hilfe zusammen, um Geflüchtete über Gesundheitsthemen aufzuklären und bei der Behandlung zu unterstützen. In Workshops schulen sie Aktive, die sich engagieren,  zum Thema Gesundheitsvermittlung und nehmen eine Vermittler- und Brückenrolle zu Ärzten und Sozialämtern ein. Die eigenen Erfahrungen des Ankommens in einen neuen Alltag können sie auf diese Weise den Geflüchteten weitergeben.

Ziel des laufenden dritten Projektjahres von samo.fa ist es in allen beteiligten Städten vor allem, die Unterstützung nahe beim Alltagsleben der Menschen mit Fluchtgeschichte zu stabilisieren und eine langfristige Verankerung und die Anerkennung der Rolle der Migrantenorganisationen in der lokalen Flüchtlingsarbeit zu erreichen. Dafür laufen seit Mai im ganzen Land lokale Konferenzen, an denen Akteure der Stadtgesellschaft über nachhaltige Kooperationsmöglichkeiten diskutieren.

Auf der bundesweiten samo.fa-Konferenz am  14./15. September in München  mit allen Projektpartner*innen und Vertreter*innen aus Stadt-, Landes- und Bundespolitik und Zivilgesellschaft wird Bilanz gezogen: Wie kann die erfolgreiche Arbeit der Migrantenorganisationen vor Ort weitergeführt werden?

Im Anhang und hier http://www.samofa.de/zusammenschau-der-staedtedossiers-2017-fuer-das-2-jahr-des-projekts-samo-fa/ gibt es Projektergebnisse.

Ansprechpartner Saarbrücken: Haus Afrika e.V. http://www.samofa.de/leipzig/; Lillian Petry unter 0175 223 406 6.

Eine Übersicht über alle Projektstandorte und weitere Pressemitteilungen befinden sich hier: www.samo.fa.de

Mehr Informationen über den Bundesverband Netzwerke von Migrantenorganisationen e.V. unter: www.bv-nemo.de

Die Pressemitteilung als pdf downloaden

Pressekontakt: Miriam Bunjes 0231-286 78 164,  presse@bv-nemo.de

Film: Geflüchtete. Neuer Alltag.

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In dem neuen Film des samo.fa Projekts bekommt der Zuschauer beispielhaft Einblicke aus 4 Städten in Deutschland, in denen sich Aktive aus Migrantenorganisationen für die Flüchtlingsarbeit vernetzt haben. Nach der Erstaufnahme vieler Geflüchteter 2015 findet nun ein Übergang in einen neuen Alltag statt. Anhand der Handlungsfelder des Projekts begleitet der Film die Dialogkonferenzen und verschiedene Einrichtungen: In Dresden steht die Diskriminierung im Fokus, in Saarbrücken die Wohnnungssuche, in Hannover der Zugang zum Arbeitsmarkt und in Dortmund die Gesundheitsversorgung.

 

 

Situation in Saarbrücken: Dialogkonferenz im Haus Afrika e.V.

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Bei der Dialogkonferenz im Rahmen der Afrika-Woche des Partners Haus Afrika e.V. in Saarbrücken stand  unter anderem das Handlungsfeld Wohnen im Vordergrund. So diskutierten die Teilnehmenden zum Beispiel intensiv mit Guido Freidinger, Leiter des Amtes für soziale Angelegenheiten, über die aktuelle Wohnsituation für Geflüchtete. Eine der Herausforderungen, die sich hieraus ergeben: bezahlbare Wohnungen für Großfamilien.

samo.fa Aktionstag: Gemeinsam hier – Saarbrücken

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Die Flüchtlinge als Sündenbock? Die Flüchtlinge äußerten den Parteien ihre Ängste.

Mit ca. 300 Teilnehmern aus verschiedenen Nationen begann der bundesweite Aktionstag in Saarbrücken. Klaus Kunz vom Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie, Dagmar Trenz, die ehrenamtliche Regionalverbandsbeigeordnete, Christine Mhamdi vom Zuwanderungs- und Integrationsbüro und Ivan Iliev, Sprecher des Integrationsbeirates der Landeshauptstadt Saarbrücken begrüßten die Gäste. Alle lobten den Bundesverband Netzwerke von Migrantenorganisationen NEMO e.V. und seinen lokalen Partner Haus Afrika e.V. für die im Rahmen des Bundesprojektes samo.fa bisher erzielten Ergebnisse. In seinem Impulsreferat präsentierte Klaus Kunz die aktuelle Situation der Flüchtlingsarbeit im Saarland. Von der Aufnahme bis zur Einschulung der Kinder arbeiten die Landesbehörden sowie mehr als 80 private Initiativen mit viel Engagement, damit die im Saarland lebenden 16.000 Flüchtlinge beispielsweise mit Wohnungen versorgt werden können. Es sei davon auszugehen, dass die Flüchtlingsbewegungen noch nicht abgeschlossen sind.

Die samofa.fa-Koordinatorin Lillian Petry präsentierte die bisherigen Ergebnisse des Projektes samo.fa: „Seit April 2016 hat die lokale Koordinierungsstelle das Projekt bei den zuständigen Behörden und Akteuren sowohl bei der Stadt Saarbrücken als auch beim Land vorgestellt. Die Bildung eines Netzwerkes von Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit ist zu einer Realität geworden. Der Prozess läuft weiter. Wir werden in Zukunft dieses Netzwerk an bereits aktive Netzwerke der Aufnahmegesellschaft anschließen.“ Durch zahlreiche Seminare wurden Ehrenamtler mit Migrationshintergrund zur Qualifizierung in der Flüchtlingsarbeit geschult. Außerdem hat samo.fa verschiedene Aktivitäten der Ehrenamtler und Migrantenorganisationen finanziell und logistisch unterstützt. Lillian Petry bedankte sich bei allen Landes- und kommunalen Einrichtungen und Verantwortlichen, die durch Ihre Offenheit und Akzeptanz diese positiven Ergebnisse ermöglicht haben.

Einleitend in die Podiumsdiskussion wurde ein Film über die Fluchtursachen und Fluchtwege gezeigt. In diesem Film berichtet ein Junge von seiner 241-tätigen Flucht von Somalia über Äthiopien nach Europa. Die Podiumsdiskussion zum Thema „Die Flüchtlinge als Sündenbock. Was kann man dagegen tun?“ war der zentraler Programmpunkt. Wesentliches Fazit der Diskussion: Ankommen sei gut. Aber Weiterkommen sei besser.

Trotz der Aufnahmebereitschaft  Deutschlands gibt es viele bürokratische Hürden, die den Flüchtlingen das Ankommen erschweren. Ein weiterer Aspekt der Podiumsdiskussion war die Frage nach Flüchtlingen aus Afghanistan. In diesem Zusammenhang bedauern die anwesenden Politiker, dass Afghanistan zu Unrecht zu einem sicheren Land erklärt wurde. Das führe zu einer Diskriminierung der Flüchtlinge. Die Bereitschaft der Innen- und rechtspolitischen Sprecherin der Linken, mit den Betroffenen im Landtag zu sprechen, kann den anwesenden jungen Afghanen ihre Unsicherheit nicht nehmen. „Ihr braucht in Saarbrücken keine Angst zu haben, da die Mehrheit der Menschen hier bereits mit Flüchtlingen in Frieden leben“, antworteten Vertreter der politischen Parteien auf dem Podium. Auch das Thema Islamunterricht löste eine heftige Diskussion aus. Ivan Iliev erklärte, dass die Integration von Flüchtlingen und Migranten nur durch ein gemeinsames Handeln beider Seiten erfolgen kann.

Ein mindestens genauso wichtiger Programmpunkt waren die 8-Länder-Kostbarkeiten – ein interkulturelles Büffet mit Küchenspezialitäten aus Deutschland, Syrien, Afghanistan, Sri Lanka, Ghana, Senegal, Irak, Pakistan. Die Veranstaltung endete mit  einem interkulturellen Rahmenprogramm, wobei die Kinder-Tanzgruppe von ELFE e.V., Die  syrische Gruppe TURAS ALSHAM, die Kinder-Tanzgruppe von Haus Afrika e.V. sowie die Künstler Kevin Alamba (Nigeria) und Mamadou Diallo (Senegal) das Publikum absolut begeisterten.

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