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Menschen mit Fluchtgeschichte: Nicht allein im neuen Alltag

By 12. September 2018

Menschen mit Fluchtgeschichte: Nicht allein im neuen Alltag

aus der Arbeit von samo.fa „vor Ort“ im Jahr 2018

Überall haben sich die Kooperationsbeziehungen vervielfältigt und ist die Anerkennung der Rolle der Migrantenorganisationen gewachsen. Hier geht es nicht um die beachtlich großen Zahlen der beteiligten Migrantenorganisationen, der Aktiven und der erreichten Geflüchteten, die samo.fa aufweisen kann, sondern um einen kleinen Einblick in das, was vor Ort gemacht wird. Die folgenden Beispiele stammen aus dem Nordosten Deutschlands; aus dem Westen und Süden könnte Ähnliches berichtet werden.

Natürlich werden Aktivitäten fortgesetzt, die sich in den vorangegangenen Jahren schon als nützlich und sinnvoll erwiesen haben. Begleitung zu Ämtern, Arztbesuchen, Sportkursen, Unterstützung bei Wohnungssuche, Nachbarschaftshilfe, wie bei der Brücke der Kulturen in Hildesheim, oder Übersetzungen im Jobcenter wie bei der RAA in Hoyerswerda finden sich an vielen Orten. Freizeitaktivitäten, z.B. Musizieren, Urban Gardening, Ausflüge, Stadtführungen wie im Haus der Kulturen in Lübeck oder der dortige „Männertreff“ gehören ebenfalls zum Repertoire wie Fußball , z. B. beim TGS-H in Kiel und Willkommensabende, nicht nur für Geflüchtete, wie im Haus der Kulturen in Braunschweig.

Die Schwerpunkte im Jahr 2018 spiegeln aber auch den Umstand, dass sich die Geflüchteten nun auf den langen und beschwerlichen Weg in den neuen Alltag aufgemacht haben. Nahezu überall steht nun – nach Deutsch- und Integrationskursen – der Schritt auf den Arbeitsmarkt an. „Immer mehr Flüchtlinge fordern, dass sie ihre Deutschkenntnisse verbessern müssen, damit sie leichter einen Arbeitsplatz finden“, stellen die Mitarbeiter von MEPa, dem samo.fa-Partner in Potsdam, fest. Und reagieren darauf mit verstärkten Aktivitäten. Dasselbe auch in Halle (Saale), wo es in der SprachWerkstatt des dortigen Partners VeMo e.V. um Fragen und Begriffe des Arbeitsmarktes geht. Sprachcafés und Sprachförderung gibt es an vielen  Orten, wobei z.B. das Haus der Kulturen, der samo.fa-Partner in Lübeck von Beginn an Sprachförderung für alle angeboten hat, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.

Die Anforderungen des Arbeitsmarktes schieben sich immer mehr nach vorn. Dies ist zu erkennen am Bewerbungstraining: Von der Arbeitssuche bis Vertragsabschluss bei Tutmonde in Stralsund, an Wochenend-Seminaren „Flüchtling ist kein Beruf“ und „Türen öffnen“ bei MISO in Hannover, aber auch an „Internet für Jobsuche“ in Potsdam und dem PC-Kurs in Hoyerswerda.

 Allerdings scheint auch der Verbraucherschutz zu einem wichtigen Thema geworden zu sein, wie z.B. in Halle, aber auch im Sinne der Weiterbildung für Aktive/Ehrenamtliche in Hoyerswerda und anderswo. Insgesamt steigt bei den Aktiven die Nachfrage nach spezifischen Weiterbildungen, denn der neue Alltag der Geflüchteten wirft ganz unterschiedliche und differenzierte Fragen auf, die die Kenntnisse der Ehrenamtlichen überschreiten.

Nun kommt es auf „Verweisungswissen“ an: Nicht jeder muss alles wissen, aber hilfreich ist zu wissen, wohin man sich wenden kann, um Antworten und Unterstützung zu bekommen, denn zahlreiche Organisationen, Beratungsstellen und Fachpartner stehen mit Rat und Tat zur Seite. Solche Angebote gibt es von vielen samo.fa-Partnern, sei es Gewaltprävention für Frauen oder zum Islam in Deutschland, wie in Halle, sei es Zugang zu Ausbildung und Arbeit in Hannover.

Eine besonders bemerkenswerte Entwicklung, die sich im Jahr 2018 zeigt, ist: Menschen, die erst vor kurzem hierher geflüchtet sind, werden selbst aktiv. So sind z.B. 13 der 14 Ehrenamtlichen, die in Hoyerswerda tätig sind, selbst Geflüchtete. Bei Afropa e.V. in Dresden haben Geflüchtete aus Eritrea und Afghanistan selbstorganisierte Arbeitsgruppen angeregt und begleiten sie, in Berlin werden Geflüchtete weitergebildet, damit sie als „Lotsen“ auch bei der ersten Orientierung auf dem Arbeitsmarkt helfen können.

Schließlich sind Migrantenorganisationen – auch vermittelt über samo.fa – nahezu überall zu wichtigen Gesprächspartnern im Rahmen der kommunalen Flüchtlingsarbeit geworden, so z.B. durch Beteiligung an der Fachgruppe Arbeit der Arbeitsagentur in Halle oder dem Arbeitskreis Flucht und Migration der Stadt Hildesheim, in dem es um die Entwicklung eines neuen kommunalen Integrationsplans ging, oder auch in Lübeck in enger Zusammenarbeit mit kommunaler Arbeitsstelle für Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit.

Dr. Wilfried Kruse, Projektleitungsteam samo.fa, 11. September 2018

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