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By 20. October 2021

 

 

Gefüchtetenarbeit als lokale Daueraufgabe. Eine Bilanz

5.11.2021
12.30 Uhr bis 16 Uhr
in Dortmund
Präsenzveranstaltung

Auf der 4. samo.fa Bundesnetzwerksitzung tauschten sich am 05. November 2021 lokale Koordinator*innen, Aktive, samo.fa Leitungsteam, Fachwelt, Zivilgesellschaft und Landes- und Kommunalpolitiker*innen über Corona-Krise als Brennglas, Gefüchtetenarbeit als Handlungsfeld von Migrant*innenorganisationen vor Ort, Handlungshilfen für heute und morgen. Beispiele guter Praxis – Lokale Beispiele aus verschiedenen Praxisfeldern, also auch von Erfolgsgeschichten und weiterhin bestehenden Herausforderungen.
Diese Bundesnetzwerksitzung bot vier zentrale Programmpunkte an, darunter praxisorientierte Berichte, wissenschaftliche Impulsvorträge, Diskussionsrunden, Interventionen der Verbünde sowie Vertreter*innen der Bundes-, Landes- und kommunalen Einrichtungen.

Moderation: Dr. Elizabeth Beloe

12.00 Uhr – 12.15 Uhr
Begrüßung und Einführung
Dr. Ümit Koşan

12.15 Uhr – 12.30 Uhr:
Bewegte und bewegende Bilder
Irina Serdyuk

12.30 Uhr bis 12.50 Uhr
samo.fa: ein lernendes Projekt
Dr.Ümit Koşan/ Dr.Wilfried Kruse

[…]

17:00 Uhr bis 17.15 Uhr
Ausblick, Ende und Überleitung zu „Lebensfreuden“

16.00 Uhr bis 17:00 Uhr
Sechs Jahre samo.fa:
Eine Sonde in die Einwanderungsgesellschaft Deutschland
Dr. Elizabeth Beloe, Leitungsteam, im Gespräch u.a. mit:
Şaziye Altundal-Köse, VMDO Dortmund
Dr. Tillmann Löhr, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Prof. Dr. Ludger Pries, Ruhr-Universität Bochum
Dr. Sascha Krannich, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Medizin und Mitglied der Forschungsgruppe Migration und Menschenrechte (FGMM) an der Justus- Liebig-Universität Gießen
Satenik Roth, VeMO Halle/Saale

 17:00 Uhr bis 17.15 Uhr
Ausblick, Ende und Überleitung zu „Lebensfreuden“

Download des gesamten Programms

 


Dr. Elizabeth Beloe
Dr. Elizabeth Beloe ist Sozial- und Kulturanthropologin. Sie ist geschäftsführender Vorstand und erste stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes Netzwerke von Migrantenorganisationen e.V. Zudem ist sie im Leitungsteam vom erfolgreichen Projekt samo.faPlus (Stärkung der Aktiven aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit) mit bundesweit 31 Standorten. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Migration, Internationale Zusammenarbeit, zukunftsfähige Entwicklungsstrategien, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Integration und Konfliktmanagement. Dr. Beloe lehrt im Bereich Menschenrechte und soziale Arbeit in Berlin.

Dr. Tillmann Löhr
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Tätigkeitsschwerpunkte: Migration und Integration, insbesondere Ausbildung- und Erwerbsintegration von Zugewanderten und Menschen mit Migrationshintergrund; Schutz von Zugewanderten und Diskriminierungsschutz; Einwanderungsrecht; Asylbewerberleistungsgesetz

Prof. Dr. Ludger Pries
Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Ludger Pries, geboren 1953, ist Mitglied des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Als Professor für Soziologie am Lehrstuhl Soziologie/Organisation, Migration, Mitbestimmung an der Ruhr-Universität Bochum sind seine Arbeitsschwerpunkte Arbeits-, Organisations- und Migrationssoziologie im internationalen Vergleich sowie Transnationalisierung und Globalisierungsforschung. Professor Pries absolvierte Forschungs- und Lehraufenthalte in Brasilien, Mexiko, Spanien und den USA und ist Autor bzw. Koautor von 15 Monographien und über 70 Fachzeitschriftenaufsätzen.

Dr. Sascha Krannich
Dr. Sascha Krannich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Medizin und Mitglied der Forschungsgruppe Migration und Menschenrechte (FGMM) an der Justus- Liebig-Universität Gießen mit einem Schwerpunkt auf Migration, Menschenrechte und Global Health.

Satenik Roth
  • ist Vorstandsmitglied des Bundesverbandes-NeMO e.V.
  • sie vertritt im BV NeMO e.V VeMo e.V., dessen Vorsitz sie innehat
  • zudem ist sie als beratendes Mitglied des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI) tätig. Der BZI gestaltet als NGO-Vertreter*in den Nationalen Aktionsplan Integration (NAP-I) mit.
  • sie ist zudem als beeidigte und öffentlich bestellte Dolmetscher*in und Übersetzer*in für gerichtliche, behördliche und notarielle Zwecke Recht, Asylwesen, Urkunden, Politik, Verwaltung, auch diese Berufsexpertise begründet ihre Kompetenz für strukturelle und institutionelle Diskriminierung

 

Am 5. November fand in Dortmund die 4. samo.fa Bundesnetzwerksitzung unter dem Titel „Geflüchtetenarbeit als lokale Daueraufgabe. Eine Bilanz“ statt. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, sechs Jahre samo.fa – als eine praktikable Methode, als ein lernendes Projekt und als ein nachhaltiges Zukunftsmodell unter die Lupe zu nehmen.

350.000 Menschen wurden in den sechs Jahren durch die Projektarbeit erreicht, 180.000 davon – Geflüchtete, mit 5.000 Migrant*innenorganisationen wurde kooperiert, 3.500 Ehrenamtliche, 400 davon selber Geflüchtete, haben sich im Laufe der Jahre bundesweit aktiv beteiligt. Stolze Zahlen!

Bei den Zahlen blieb es nicht. Ein Zusammenschnitt aus Video-Statements lieferte einen eindrucksvollen Beleg dafür, dass der Name „samo.fa“ inzwischen vielen Kommunalpolitikern der Bundesrepublik locker über die Lippen kommt.

Man kam aber nicht nur zusammen, um sich selbst zu loben, sondern vor allem um auf die Probleme hinzuweisen und nach Lösungswegen zu suchen. Unsere Gesellschaft sei nun mal so ausgerichtet, dass viele wichtige Sachen von Ehrenamtlichen übernommen würden, man nehme als selbstverständlich an, dass auch Migrant*innenorganisationen das so handhaben, so der Vorstandsvorsitzende Dr. Ümit Kosan in seinem Grußwort. Hilfe von Migrant*innenorganisationen werde gerne gesehen, Kritik aber nicht geduldet.

Über die sechs Projektjahre hat sich die sogenannte „samo.fa – Methode“ innerhalb des Netzwerkes der über 30 über das ganze Land verteilten Standorte entwickelt. Das Besondere daran, führte Dr. Wilfried Kruse vom samo.fa Leitungsteam fort, sei, dass durch sich jährlich wiederholenden Schleifen aus Regional- und Bundesnetzwerksitzungen sowie Bundesdialogkonferenzen eine ständige Rückkoppelung auf lokale Arbeit gesichert sei, die es ermöglicht, ein Frühwarnsystem zu entwickeln: Brennpunkte durch Bedarfsanalyse und maßgeschneidertes Eingreifen zur Bundessache zu machen. Das sei für die Nachhaltigkeit entscheidend.

Es folgte eine Bilanzierung der Geflüchtetenarbeit als Handlungsfeld von Migrant*innenOrganisationen auf der lokalen Ebene durch die Netzwerkbegleiter*innen Martina Möller und Dr. Andrés Otalvaro: Über die sechs Projektjahre hinweg konnte man sehen, wie stark die Professionalisierung vorangegangen sei. Inzwischen seien viele der lokalen Koordinator*innen vor Ort anerkannte Expert*innen in der Geflüchtetenarbeit, aber an vielen Stellen noch nicht ausreichend als strategische, gleichwertige Partner*innen.

Die von samo.fa Koordinator*innen vorgeführten Beispiele guter Praxis aus Fulda, Göttingen, Dortmund, Münster, Bochum, Hildesheim, Kiel, Stralsund und Halle demonstrierten anschaulich die Wirksamkeit des samo.fa-Projektes vor Ort als eine Art
Sonde in die Einwanderungsgesellschaft: erkunden, sich einmischen, interagieren, daraus lernen. Lernen für die weitere erfolgreiche Geflüchtetenarbeit in meiner Stadt, meiner Region.

Dr. Sascha Krannich von der Justus- Liebig-Universität Gießen hob in der abschließenden Gesprächsrunde den Mehrwert von Migrant*innenorganisationen für die Gesellschaft, insbesondere bei der Geflüchtetenarbeit hervor. Dies seien außer Sprachkenntnissen auch kulturelle Erfahrung und die Fähigkeit sich hineinzuversetzen. Migrant*innenorganisationen als „Brückenbauer“ in das Gesundheitssystem seien bis jetzt noch keine Selbstverständlichkeit.

Dr. Tillmann Löhr vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge stellte fest, dass Migrant*innenorganisationen insbesondere nach 2015 zunehmend wahrgenommen und in puncto Teilhabe anerkannt würden. In Fragen Integration sei Berlin besonders fortgeschritten. Allerdings müsse noch viel nachgeholt werden, damit auch die lokale Teilhabe- und Wohlfahrtspolitik die immense Bedeutung von Migrant*innenorganisationen wahrnehme.

Als eindeutiger Schwachpunkt wurde im Laufe des Tages „Projektmentalität“ der Migrant*innenorganisationen gebrandmarkt. Auch Şaziye Altundal-Köse vom VMDO Dortmund appellierte an die Teilnehmer*innen, selbstsicherer und wesentlich aktiver
aufzutreten: „Es reicht nicht aus zu sagen, wir sind unverzichtbar. Wir sind Akademiker*innen und Bildungspolitiker*innen und wir haben die Antworten. Dieses riesige Potential wird schier nicht abgerufen! Migrant*innenorganisationen leisten vorbildliche Arbeit, dafür muss eine Regelförderung gesichert werden“.

Das sei ein gutes Schlusswort für unsere Bundesnetzwerksitzung, rundete die Moderatorin Dr. Elizabeth Beloe ab.

Fazit der 4. Bundesnetzwerksitzung: Sechs Jahre samo.fa ist eine Erfolgsgeschichte!

Die Pressemitteilung downloaden.


    „samo.fa war und ist echte Pionierarbeit: Erstmals wurden gezielt Ehrenamtliche mit Einwanderungsgeschichten unterstützt, die sich für gefüchtete Menschen einsetzen, die aus eigener Erfahrung wissen, wie herausfordernd das Ankommen und erste Schritte in einem neuen Umfeld, einer neuen Nachbarschaft, einem neuen Land sein konnen.
    Fünf Jahre später trägt die Arbeit Früchte: samo.fa ist 2021 in mehr als 30 Städten und bundesweit aktiv, entstanden ist ein integratives und innovatives Netzwerk von und für Menschen mit Einwanderungs- oder Fluchtgeschichten. Gewachsen sind auch dank dieses Netzwerkes die Expertise und der Erfolg bei der Integration gefüchteter Frauen, Männer und Kinder in Deutschland. Der Erfolg spiegelt sich in jedem einzelnen Menschen wider, der mit Rat und Tat bei samo.fa begleitet wird, den Integrationskurs mit Erfolg abschließt, seinen Weg am Arbeitsmarkt geht oder seinen mitgebrachten Berufsabschluss als gleichwertig anerkennen lässt. Und der beste Beweis der erfolgreichen Arbeit ist, dass immer mehr geflüchtete Frauen und Männer jetzt auch selber Verantwortung im Projekt tragen, sich für andere engagieren und Brücken in die Nachbarschaften
    bauen.“
    Frau Annette Windmann-Mauz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Quelle: samo.fa: Fünf Jahre Unterstützung von Menschen mit Fluchtgeschichte durch Aktive aus Migrant*innenorganisationen

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