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Vielfältiges Ehrenamt: Bericht zur samo.fa-Bundesnetzwerksitzung am 26. und 27.09.22 in Hannover

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Zur Bilanzierung der ehrenamtlichen Arbeit und zur Würdigung der Aktiven hat sich das samo.fa-Netzwerk mit Gäst*innen am 26. und 27. September 2022 im Alten Rathaus in Hannover getroffen. Highlight der Veranstaltung war nicht nur die Überreichung von Urkunden und Anerkennungsgeschenke für die jahrelang engagierten Ehrenamtlichen im Projekt, sondern auch unterschiedliche Vorträge, Diskussionsrunden und Workshops, die einen generellen Überblick zur aktuellen Lage des Ehrenamts in der Geflüchtetenarbeit sowie die vielschichtigen Alleinstellungsmerkmale der ehrenamtlichen samo.fa-Arbeit kritisch erläuterten.

Moderiert wurde die zweitägige Veranstaltung von Ercan Carikci, Trainer und Berater in den Bereichen Rassismuskritik, Empowerment und Diversität.

Erster Tag

Mit einem Grußwort und einer Dankesrede zu den Ehrenamtlichen startete Adriana Pombo (MiSO Netzwerk Hannover e.V.) das Event.

Zur Einführung zeigte Dr. Andrés Otálvaro die wichtigsten Entwicklungen beim samo.fa seit 2016 mit den sehr konkreten Beiträgen und Errungenschaften von den Aktiven im Zusammenspiel mit den lokalen Koordinator:innen des Projektes.

Ein sehr intensiver Prozess des Kennenlernens von allen Teilnehmenden mit dem Fokus auf die ehrenamtlichen Erfahrungen gelang durch die Methode des Speed-Datings.

Es folgte eine spannende und erkenntnisreiche Fish Bowl-Diskussion zur selbstkritischen Reflexion zu den Möglichkeiten und Grenzen des Ehrenamts mit Martina Möller (samo.fa-Leitungsteam), Jenny Warnecke (samo.fa-Koordinatorin in Freiburg bei FAIRburg e.V), Anna Kozyakova (Ehrenamtliche bei der Deutsch-Russischen Gesellschaft Göttingen e.V.) und Mariya Reznikova (Ehrenamtliche beim Haus der Kulturen Lübeck), sowie der Möglichkeit für alle Anwesenden, sich auf den freien Stuhl in der Runde zu setzten, um ihre Beiträge oder Fragen zu formulieren.

Darüber hinaus wurden Ergebnisse aus der Wissenschaft von Dr. Nikolai Huke (Universität Kiel) sowie Marina Seddig und Theresa Uhr (DeZIM – Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung) präsentiert. Die Vorträge konzentrierten sich auf die vielschichtigen Hürden zur Entwicklung der ehrenamtlichen Leistungen für/mit geflüchteten Menschen, sowie die aktuellen Herausforderungen angesichts der Fluchtbewegungen aus der Ukraine. Der Beitrag des Ehrenamts zur Stärkung des Gemeinwohls und des Sozialkapitals in der deutschen Gesellschaft wurde diesbezüglich hervorgehoben.

Mit großer Freude erhielten schließlich die anwesenden Ehrenamtlichen Urkunden für ihr unermüdliches Engagement. Dr. Peyman Javaher-Haghighi (Bundesverband NeMO e.V./ MiSO e.V.) und Dr. Bala Subramanian Ramani (Ratsherr der Landeshauptstadt Hannover) leiteten die Übergabe der Urkunden. Begleitet wurde die Urkundenüberreichung musikalisch durch den Sita-Spieler Shaffan Soleiman aus Freiburg, der auch selbst für sein ehrenamtliches Engagement geehrt wurde.

Der Ausklang des ersten Tages fand mit einem Abendessen und dem Angebot eines fröhlichen Trommel-Workshops von Mo Bittaye (Hannover) für alle Teilnehmenden statt.

Zweiter Tag

Der zweite Tag der Bundesnetzwerksitzung startete mit einem Einführungsinput von Dr. Wilfried Kruse (wissenschaftliche Begleitung samo.fa) zu den Spannungsfeldern ehrenamtlicher Arbeit. Dabei skizzierte er Ansätze zur Reflektion des ehrenamtlichen Engagements von sechs Jahren Projektarbeit und schloss mit einem Blick auf die zahlreichen zukünftigen Herausforderungen im Zuge immer komplexeren Anforderungen an die lokale Geflüchtetenarbeit.

Im Anschluss führte Moderator Carikci ein ausführliches Gespräch mit Oksana Janzen vom Ukrainischen Verein in Niedersachsen e.V. Oksana Janzen berichtete eindrücklich, wie die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine in Hannover und Niedersachsen von einer Vielzahl ehrenamtlicher Strukturen aufgebaut wurde. Mit großem Engagement und viel Professionalität haben die Akteur*innen des Vereins und ihre Kooperationspartner*innen ein breites Netzwerk zur Unterstützung der Ankommenden aufgebaut. Eine Öffnung der Runde für den gesamten anwesenden Teilnehmer*innenkreis brachte spannende Erkenntnisse und Diskussionen hervor.

Einen emotionalen Moment gab es, als die Musiker*innen Sepideh Sohrabi und Siavash Arabkhani (Ehrenamtliche von MOiN Nürnberg) ein Lied anstimmten. Die beiden Musiker*innen mit iranischer Einwanderungsgeschichte widmeten ihren musikalischen Beitrag, der von der sogenannten iranischen „Sittenpolizei“ ermordeten Masha Amini und der Freiheit und Selbstbestimmung aller Frauen auf der ganzen Welt.

In verschiedenen Workshops konnten sich die Teilnehmenden zu wichtigen Themen der ehrenamtlichen Arbeit und zukünftigen Herausforderungen austauschen. Angeboten wurden vier Workshops: 1) Gewinnung, Einbindung und Qualifizierung von Ehrenamtlichen (Moderation: Roland Strauß, samo.fa-Leitungsteam), 2) Digitalisierung im Ehrenamt (Moderation: Aylin Er, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Bundesverband NeMO), 3) Schutz und Grenzen des Ehrenamts (Moderation: Martina Möller, samo.fa-Leitungsteam), 4) Umgang mit vulnerablen Gruppen in der ehrenamtlichen Arbeit (Moderator: Ercan Carikci, Moderator und Diversitytrainer).

Die Erkenntnisse der beiden erlebnisreichen und vielseitigen Tage wurden abschließend in einer gemeinsamen Abschlussrunde diskutiert.

Vielfältiges Ehrenamt: Zur Bilanzierung und Ehrung von Ehrenamtlichen in der Geflüchtetenarbeit (Bundesnetzwerksitzung am 26./27. September in Hannover)

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Über die Jahre hat sich eine sehr intensive Zusammenarbeit zwischen Koordinator:innen und Ehrenamtlichen im Projekt samo.fa verankert. Ehrenamtliche sind ein Fundus des Projektes: Unter dieser Prämisse haben sich Ihre Alleinstellungsmerkmale entwickelt. Zur Bilanzierung, Ehrung und (Weiter-)Förderung der ehrenamtlichen Arbeit treffen wir uns bei der nächsten Bundesnetzwerksitzung in Hannover. Konkrete Errungenschaften und Stolpersteine sowie Vorschläge zur Perfektionierung der Arbeit mit Ehrenamtlichen werden ausführlich diskutiert und dementsprechende Maßnahmen abgestimmt.
Darüber hinaus werden Ehrenamtliche aus unserem bundesweiten Netzwerk gewürdigt durch die Überreichung von Urkunden. Über die Veranstaltung wollen wir folgende Themenbereiche ansprechen und
dementsprechende Arbeitspläne bzw. Strategien für/mit Ehrenamtlichen in der kommenden Zeit abstimmen:
• Geschichte und Entwicklung der ehrenamtlichen Arbeit in der Geflüchtetenarbeit
• Beitrag, Entwicklungsprozess und Alleinstellungsmerkmale des Ehrenamts im Projekt samo.fa
• Zusammenspiel Koordinator:innen und ehrenamtliche Aktiven bei samo.fa
• Zusammenarbeit, Unterschiede und Anknüpfungen unter Ehrenamtlichen mit und ohne Migrationsgeschichte
• Was macht das samo.fa-Ehrenamt aus?
• Meilensteine und Schwierigkeiten des Ehrenamts in der Geflüchtetenarbeit (generell und für samo.fa konkret)
• Zukunft, Herausforderungen und Perspektiven der ehrenamtlichen Geflüchtetenarbeit (generell und für samo.fa konkret)

Das genaue Programm gibt es hier.

Bundesnetzwerksitzung am 01.07.2022

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Zahlreiche Hauptamtliche und Ehrenamtliche aus dem Projekt samo.fa 3 (Stärkung der Aktiven aus Migrant*innenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit) trafen sich zu einer zweitägigen Veranstaltung im Dortmunder Haus der Vielfalt. Das Projekt des Bundesverbandes Netzwerke von Migrant*innenorganisationen (BV NeMO) ist seit 2016 gelebte Vielfalt in der lokalen Geflüchtetenarbeit vor Ort. Das samo.fa-Netzwerk umfasst gegenwärtig 25 bundesweite Standorte.

Neben der „Weiterbildung kompakt“ am 30.06.2022  fand am zweiten Tag eine Bundesnetzwerksitzung mit allen Projektbeteiligten statt. Dort auf der Agenda: Zwischenbilanz ziehen, aktuelle Problemlagen diskutieren und Strategien entwickeln, um auf zukünftige
Herausforderungen vorbereitet zu sein. Alle Anwesenden brachten ihre lokalen Erfahrungen vor Ort ein und diskutierten lebhaft, wie Geflüchtetenarbeit von und mit Migrant*innenorganisationen bundesweit nachhaltig fortgeführt werden kann.

Alle Fotos: Alina Louis

samo.fa Weiterbildung kompakt am 30.06.22 im Haus der Vielfalt

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In Zusammenhang mit den Weiterqualifizierungsmaßnahmen für hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeitende hat das Projekt samo.fa 3 (Stärkung von Aktiven aus Migrant:innenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit) die Veranstaltung „Weiterbildungskompakt: Migrant:innen-Organisationen in der lokalen Geflüchtetenarbeit“ am 30.06.2022 in Dortmund (Haus der Vielfalt) durchgeführt. An der Veranstaltung beteiligten sich 70 Personen insgesamt inkl. neun Referent:innen aus verschiedenen Disziplinen mit multithematischen Impulsen.

Ziel der Veranstaltung war es, die Geflüchtetenarbeit als lokal-kommunale Daueraufgabe Revue passieren zu lassen. Die damit verbundene Unverzichtbarkeit der Arbeit von migrantischen Organisationen und ihren Ehrenamtlichen wurde in diesem Rahmen hervorgehoben. Somit wurden verschiedene Themenbereiche aufgegriffen und diskutiert: Entwicklung und Lage der Geflüchtetenarbeit seit 2015; Herausforderungen, Konflikte und Perspektiven; Zwischenbilanz, Fazit und Beiträge zu der samo.fa kommenden Arbeit und den anschließenden Veranstaltungen bis zum Ende der Jahres (etwa die Bundesdialogkonferenz im November 2022). Der Weiterbildung kompakt bestand aus zwei Durchgängen: a) „Geflüchtet ungleich Geflüchtet: zur Komplexität der Geflüchtetenarbeit vor Ort“ b) „Migrant*innen-Organisationen in der Geflüchtetenarbeit: Lokal stabil aufgestellt?“.

Hier eine Zusammenfassung von wichtigen übermittelten und gewonnenen Erkenntnissen in Züge der Vorträge und Diskussionen.

Zur Einleitung (Dr. Elizabeth Beloe und Dr. Wilfried Kruse aus der samo.fa Leitungsteam):
Nicht nur Erfolgsfaktoren, sondern auch Komplexität und Gleichzeitigkeit in der Geflüchtetenarbeit und in der Entwicklung von samo.fa wurden zu Beginn der Konferenz geschildert. Die Folgen der Pandemie aber auch die aktuelle Ukraine-Krise stellen die migrantische Geflüchtetenarbeit vor großen Herausforderungen in den kommenden Zeiten. Geflüchtetenarbeit bleibt als lokalkommunale Daueraufgabe und in diesem Kontext haben die samo.fa Standorte klare Stärke und Kompetenzen über die Jahre erworben.

Zum ersten Vortrag (Neri Orman – Evangelische Hochschule Bochum):
Von der Referentin wurden die Ergebnisse der Arbeit von der „Unabhängige Beschwerde- und Informationsstelle Flucht“ (UBIF) in Bochum präsentiert. Dabei spielt eine strukturelle Policy Arbeit eine wesentliche Rolle, was Mehrheitsdiskriminierungen der Zielgruppen ans Licht bringt. Die Diskussion im Plenum hat gezeigt, dass diese Diskriminierungen allerdings nicht einfach zu adressieren sind, nicht nur wegen struktureller Unzulänglichkeiten, sondern auch wegen individueller Hemmnisse. Relevant in diesem Sinne ist die bundesweite Implementierung von unabhängigen Antidiskriminierungsstellen in Kooperation mit migrantischen Organisationen, was bisher sich als langwieriger Prozess mit einigen punktuellen Erfolgsbeispielen erwiesen hat. Die UBIF hat eine enge Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle samo.fa Bochum über die Jahre gepflegt.

Zum zweiten Vortrag (Alexander Diepold, Hildegard-Lagrenne-Stiftung):
Eine notwendige und sehr aufklärerische Präsentation zur Geschichte und Lage der Sinti:zze und Rom:nja unter europäischen Fluchtbewegungen war es dem Referenten gelungen. Unglücklicherweise sind immer noch multiple Formen der Rassismen und Diskriminierungen gegen diese Gruppen zu sehen, was die Ukraine-Krise immer noch durch neue Beispiele sichtbar gemacht hat. Die Vernetzungen mit Sinti:zze und Rom:nja -Communities ist nicht einfach und systematisch für die samo.fa Standorte bislang gewesen, was sich als eine zu bewältigende Lücke im Projekt in der nächsten Zeit präsentiert. 

Zum dritten Vortrag (PD Dr. habil. Thomas Geier, TU Dortmund):
Das Thema des Vortrags „Schule der Migrationsgesellschaft“ diente dem Referenten zur Problematisierung von Begriffen und Praktiken der Migration im Schulwesen. Im Mittelpunkt eines sozialpädagogischen Ansatzes stehen eher die Bedarfe der Schüler:innen und nicht alte, konservative und teilweise fremdenfeindliche deutsche Bildungsstrukturen, die verändert werden müssen. Wichtig ist es diesbezüglich, dass Eltern selbst Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten skandalisieren. Multilinguale Modelle sind erforderlich, um die Tradition der Einsprachigkeit bzw. die Hierarchisierung von Sprachen zu überwinden. Zur Kritik des Vortrags entstand der Vorschlag eine interkulturelle Schule anstatt eine Ausländer:innenpädagogik zu fördern, da das Konzept Ausländer:in immer noch Trennung und Ausgrenzung hervorbringt.

Zum vierten und fünften Vortrag (Jonas Hefner – Ruhr-Universität Bochum und Düzgün Polat – Tür zur Tür Augsburg):
In seinem Vortrag erläuterte Jonas Hefner die Entwicklung der kommunalen Integrationspolitik über die Jahre und ihre Beziehung zur Frage Migration und zum Einschluss/ Ausschluss von migrantischen Playern. Düzgün Polat übermittelte eine optimistische Botschaft zur Geflüchtetenarbeit und konkret zu allen Mitarbeitenden im Projekt samo.fa, denn sie seien seiner Auffassung nach utopische Akteur:innen, die die Demokratie von morgen mitgestalten.

Eine Vertiefung der Diskussion wurde in Kleingruppen fortgesetzt, die einen sehr kritischen Blick auf die Kooperation mit und Anerkennung von migrantischen Organisationen in der lokal-kommunalen Geflüchtetenarbeit geworfen haben. Migrantische Organisationen und ihre EA werden immer noch als unprofessionelle und inkompetente Akteu:innen wahrgenommen, nur punktuell für bestimmte Notaufgaben oder sekundäre Tätigkeiten instrumentell ausgenutzt und nicht nur als Konkurrenz, sondern auch als Feinde von Kommune und Wohlfahrtsverbände stigmatisiert. Eine hierarchische Vorgehensweise muss infolgedessen von einer gleichberechtigten und interkulturellen Mentalität der Zusammenarbeit ersetzt werden. Institutionelle Förderung von MOs gehört dazu.

Zum sechsten Vortrag (Ahmad Kamalmaz – Projekt Lokal Willkommen, VMDO Dortmund):
In seinem Erfahrungsbericht schilderte der Referent die Relevanz der Quartierarbeit als Prinzip zur effektiven Beratung und Unterstützung von Menschen mit Fluchtbiographien. Seine klare Botschaft: Integration geht nur mit guten Lebens- und Wohnverhältnissen sowie Teilhabechancen für alle.

Abschließendes Online-Interview Prof. Ulrike Hanhörster (ILS Dortmund) und Dr. Wilfried Kruse:
Das Gespräch zur Thematik „Quartiere: Orte des respektvollen Zusammenlebens?“ präsentierte die Relevanz eines Quartieransatzes sowie einer sozialräumlichen Perspektive generell zur Sozialarbeit und konkret in Zusammenhang mit der Arbeit mit geflüchteten Menschen. In der Diskussion zeigten sich diesbezügliche unterschiedliche Vorgehensweise von den samo.fa-Koordinierungsstellen: Die Verinnerlichung und alltägliche Umsetzung des Ansatzes variiert je nach Standort. Das Konzept Quartiermanagement wurde allerdings unter der Lupe der Kritik betrachtet wegen der möglichen Reproduktionen von Machtasymmetrien.

Die Veranstaltung bot einen guten Überblick zur aktuellen Lage der Arbeit mit geflüchteten Menschen mit dem Fokus auf den unentbehrlichen Beitrag von migrantischen Organisationen in einem lokal-kommunalen und kooperativen Zusammenhang. Die Ergebnisse dieser Veranstaltung werden demnächst ausgewertet und als Input zur bundesweiten Dialogkonferenz im November 2022 übertragen.

Foto: Alina Louis

Bericht zum Bundesnetzwerktreffen im April: Die samo.fa-toolbox

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Am 26.04. fand das vierte samo.fa-Bundesnetzwerktreffen des Jahres digital statt. Das Treffen widmete sich einem Check-up zur aktuellen Arbeit vor Ort. Berücksichtigt wurden die Schwerpunkte a) „erworbene Kompetenzen“, b) „Phasen des Ankommens“ und c) „Alleinstellungsmerkmale zur kommenden Geflüchtetenarbeit“. Ein wichtiges Anliegen der Veranstaltung war es, prozesshaft eine Art samo.fa-toolbox mit den über die Zeit erworbenen nutzbaren Werkzeugen bzw. Kompetenzen zu bilden. Dies hilft uns zur Lösung der jetzigen und kommenden Aufgaben.

Im Rahmen der ersten Gesprächsrunde wurden die Themen Alleinstellungsmerkmale, Aktivitäten und Zielgruppen vor Februar 2022 diskutiert. Dies beinhaltete was vor der Ukraine Krise im Projekt gemacht wurde inkl. die Arbeit unter der Pandemie. Wichtige Wissens- und Erfahrungsgewinne zeigten ein sehr heterogenes Anhäufen von Formaten und Kompetenzen, konkreten Maßnahmen und spezialisierten Aktivitäten in Zuge der letzten Jahre z.B.: Begegnungsräume in Münster; Anti-Rassismus und Resilienz für Betroffene, Gesundheit, Arbeit mit Jugendlichen und Qualifizierung von ehrenamtlichen Aktiven als Multiplikator:innen in Fulda; oder Göttingen mit Angeboten für Kindern, Jugendlichen und Familien, Adressierung von migrantischen Communities in ländlichen Räumen und Veranstaltungsmanagement sowie einer sehr intensiven Arbeit mit Stadt, EA, Netzwerken und Schulen.

Seinerseits präsentiert Bielefeld wichtige Erfahrungen und Expertisen in der Zusammenarbeit und Professionalisierung von EA. Leipzig fördert seit Jahren Antidiskriminierungsprozesse, Elternunterstützung aber auch Aufklärung im Gesundheitsbereich im Rahmen der Pandemie. Weitere Aufgabenbereiche und Stärken in der großen Runde waren die Maßnahmen bezüglich Empowerments, Kultur, Kunst, Freizeitgestaltung, Sport, Bewegung und Gymnastik sowie angebotene Räume und Kurse zur Mehrsprachigkeit. Alles in allem hat sich über die Jahre eine sehr solide Vertrauensebene von MO und EA mit Migrationsgeschichte über samo.fa in der Geflüchtetenarbeit herauskristallisiert. Große Kritik wurde in der Gruppe geäußert, denn die Gelder zur Migration, Integration und Teilhabe erreichen immer noch fast nur die traditionellen Player, was die Chancen zur Weiterentwicklung von MO erheblich beeinträchtigt.

Dem Thema Ukraine widmete sich eine weitere Gesprächsrunde. Münster betonte die aktuelle Arbeit mit afrikanischen Geflüchteten zur Bekämpfung der Ungleichbehandlung verschiedenen Gruppen von Schutzsuchenden. In dieser Richtung hob auch Leipzig die Unterstützung von anderen Drittstaatenangehörigen hervor, sowie die Relevanz von Kulturbeiträge zum Willkommenheißen der Neuzugewanderten. In Bielefeld finden regionale Kontakte und eine regelmäßige Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Behörden zur Erleichterung des Ankommens. Dort bekommen auch Geflüchtete mit Behinderung Unterstützung von mehrsprachigen EA im Bereich Kunst (Musik) und Übersetzung. Kritisch wurde darauf hingewiesen, dass es trotz freien Bildungsplätze noch Ungleichheiten zu vielen Schüler_innen zu sehen sind, die keinen Zugang zum Bildungswesen erhalten haben.

Als positiv wurden die vielen Angebote für EA und Geflüchtete sowie die effiziente Organisationsmodelle im Alltag von ukrainischen Frauen in Freiburg genannt. Die guten Erfahrungen im samo.fa-Netzwerk sind von höher Bedeutung und als großer Vorteil gesehen zur Bewältigung der heutigen angespannten Lage. In dieser Hinsicht ergeben sich perfektionierte Vermittlungsformen des Zusammenspiels von MO und EA. Es besteht allerdings Bedarf an Kontinuität und Intensivierung der Angebote für BIPoC sowie Förderung der Mehrsprachigkeit. Interkulturelle Demos und Benefizkonzerte haben in allen Fällen eine positive Wirkung vorangetrieben.

Zu den Phasen des Ankommens und zum Lernprozess in Zusammenhang mit samo.fa machte Dr. Wilfried Kruse darauf Aufmerksam, dass Gelassenheit zusammen mit Erfahrung, Erkenntnis und Pragmatismus als unentbehrliche Tools zum Meistern der Herausforderungen im Alltag zu sehen ist. Dies ermöglich die Beantwortung eine wesentliche Frage: Wie soll unsere Einwanderungsgesellschaft mit alten und neuen Geflüchteten umgehen? Die Kommunen sind in der Tat immer noch nicht gut vorbereitet. Die Probleme (z.B. Diskriminierung) wiederholen sich auch unter der Ukraine-Krise. MO und ihre Aktiven wissen, wie man damit umgehen soll. Was uns macht, ist die solide Erfahrung in den unterschiedlichen komplexen Phasen des Ankommens (nicht exklusiv in der Grundversorgung) und da werden wir uns einsetzen z.B. bei: Zukunftsplanung, Integration in der Gesellschaft, Arbeitsmarkt, Bildungsperspektive, Frauen, Kindern und Jugendlichen oder aktiver Teilhabe (siehe hier die samo.fa-Broschüre “Fünf Jahre Unterstützung von Menschen mit Fluchtgeschichte durch Aktive aus Migrant*innenorganisationen”). Die aktuelle Lage wird also pragmatisch bewältigt und die kommenden Schritte im Voraus präventiv aufgegriffen unter dem Motto „Weg von Dringlichkeit und Beschäftigung mit Prävention“.

Die Abschlussdiskussion beschäftigte sich mit der Frage, ob die Standorte neue Kompetenzen hinsichtlich der Unterstützung von Geflüchteten aus der Ukraine entwickelt haben. Für manche Standorte bleiben die schon bekannten Aufgaben, für andere verstärken sich die bereits entwickelten Kompetenzen. Die Komposition der Zielgruppe ändert sich und entsprechend auch bestimmte Bedarfe. Menschlichkeit muss allerdings als führende Leuchtturm für die Arbeit zementiert werden. Angesichts der Politik gibt es Enttäuschung wegen des Mangels an Gleichbehandlung von verschiedenen geflüchteten Gruppen. Letztendlich wäre unser Werkzeugkasten (toolbox) wie ein Fluss bzw. ein Weg, so meint Luis Mazuze aus Dresden. Den haben wir bisher gut benutzt. Dessen Inhalt hilft uns, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen und wir können das jedes Mal besser machen. Reflektion ist ein grundlegendes Werkzeug, um diesen Weg weiter durchzulaufen. Das von uns akquirierte Wissen über durchgeführte Bedarfsanalysen müssen wir weitergeben, denn Transfer ist auch eine Pflicht im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Playern der Teilhabearbeit sowie der Nachhaltigkeit des Projektes.

 

AO, 10.05.22

Migrationssensibles Ehrenamtskonzept 2022 veröffentlicht

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Migrationssensibles  Ehrenamtskonzept
samo.fa 3
2022

Die fortlaufenden Fluchtbewegungen (besonders aktuell unter der Ukraine Krise) und die globalen Folgen der Pandemie stellen uns vor wichtige Herausforderungen. Dies betrifft die Arbeit für/ mit Menschen mit Flucht- und Einwanderungsgeschichte. In Anbetracht der notwendigen Hilfeangebote und Schutzmaßnahmen wollen wir mit samo.fa 3 die Ehrenamtsarbeit und -strukturen weiterfördern, die Stimmen der Ehrenamtliche (EA) wertschätzen und die Beiträge der Aktiven in der Öffentlichkeit hervorheben.

Seit 2016 ist die Ehrenamtsarbeit eine Säule der alltäglichen Aufgaben, Veranstaltungen und Beiträge von den teilnehmenden migrantischen Organisationen im Projekt samo.fa. Im Rahmen der Unterstützungs-, Begleitungs- und Teilhabestrukturen für/ mit geflüchteten Menschen wird das bürgerschaftliche Engagement von EA gefördert. Die Mehrheit der bei samo.fa tätigen EA haben eine Migrationsgeschichte. In diesem Zusammenhang sind die EA Bestandteil eines bundesweiten Frühwarnsystems, das aus den verschiedenen lokalen EA-Pools besteht und zur ständigen Aktualisierung von bedarfsorientierten Bestandsaufnahmen beiträgt. Darüber hinaus spielen EA eine wesentliche Rolle bei der Weiterentwicklung der Kompetenznetzwerke sowie bei den im Jahre 2022 neu eingerichteten Vertiefungsgruppen auf den lokalen, regionalen und bundesweiten Ebenen des Projektes.

Das migrationssensible Ehrenamtskonzept (EAK) samo.fa 3 besteht 2022 aus folgenden Aufgabenbereichen:

1) Wiederbelebung und Neu-Akquise der Netzwerke von Aktiven. Das heißt konkret: Mind. 5 Aktive werden pro Standort (neu) akquiriert bzw. aktiviert.

2) Gewinnung jüngerer Geflüchteter unter 22 Jahren als Aktive. Mind. 5 junge Aktive pro Standort werden (neu) akquiriert bzw. aktiviert

3) Auf der Grundlage der Kompetenzen und Bedarfe der EA werden Qualifizierungen, Weiter- und Fortbildungen sowie Multiplikationsschulungen auf die Beine gestellt. Diese Angebote sind zielgruppen- und lokalorientiert, d.h. sie beziehen sich auf die konkreten Bedarfe und Bedürfnisse der Zielgruppe (Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte). Einen nachhaltigen Prozess der Professionalisierung wird dabei vorangetrieben. Mind. 5 Aktive pro Standort werden weitergebildet, geschult und fachlich beraten.

4) Weiterbildungen und Schulungen für jüngere Aktive werden entwickelt und umgesetzt (Alter 14 -bis 22- Jährige).

5) samo.fa-Ehrenamtsurkunden werden bei Bedarf als Form der Anerkennung und Würdigung erstellt.1 Eine hervorragende Urkunde erhalten diejenige, die seit 2016 im Projekt gewesen sind. Diese Anerkennung soll die beruflichen Zukunftsperspektiven der EA bereichern und erweitern. Ehrenamtsurkunden werden in ehrenden Veranstaltungen unter Beteiligung kommunaler Vertreter*innen und mit Medienaufmerksamkeit überreicht. Pro Standort findet eine Veranstaltung mind. einmal im Quartal zur Überreichung der Ehrenamtsurkunden.

6) Verweisberatung und fachliche Qualifizierung der Aktiven werden reorganisiert, aufgefrischt und aktualisiert. Haupt- und Ehrenamtliche erarbeiten gemeinsam Rahmenbedingungen zur Gestaltung  passgenauer Angebote für Geflüchtete und erstellen dazu ein Handout für die Arbeit vor Ort.

Bestehende Aufgabenbereiche der Förderphase 2020-2021

7) Alle Standorte präsentieren eine Beschreibung von den EA und ihrer Arbeit. Diese Beschreibung berücksichtigt nicht nur punktuelle Aufgaben, sondern insbesondere qualitative Kompetenzen und Stärken, z.B.:

  • Aus-, Weiter- und Fortbildungen
  • Muttersprachen, Mehrsprachigkeit und Übersetzungsskills
  • interkulturelle Fähigkeiten
  • thematische Beratungsfelder und lebensweltnahe Orientierungen für Menschen mit Flucht- bzw. Einwanderungsgeschichte
  • Lebenserfahrungen und Aufenthalte in anderen Ländern

8) Dazu werden kurze Biografien von den EA erstellt, neue Bilder von ihnen gemacht und Statements dokumentiert bzw. über Videos aufgenommen. Wünsche, Interessen und Lebenserwartungen der EA werden dabei berücksichtigt. Die Präsentation der Gesichter der EA ist eine Form der Dankbarkeit zu ihrer Arbeit und ein weiterer Schritt zu ihrer Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Diese Maßnahmen setzten die Zustimmung und die Zusammenarbeit von den EA voraus. Die pro Quartal einzureichenden EA-Tätigkeitsnachweise werden mit diesen Angaben inhaltlich bereichert und bunter gemacht. Somit gewinnen sie an Glaubwürdigkeit.

9) Im Rahmen der ÖA wird eruiert in welcher Form die gesammelten Videos, Texte und Bilder veröffentlicht werden, sei es z.B. auf der samo.fa Homepage, Berichte oder Broschüre. EA werden für weitere ÖA-Aktionen berücksichtigt, z.B. die Produktion von Podcast-Reihen.

10) Die samo.fa-EA werden stärker in die Prozesse der Konzeption, Durchführung und Auswertung von den unterschiedlichen Aktivitäten des Projektes einbezogen. Die EA nehmen an den Vor-Ort Besuchen der Netzwerkbegleitungen in jedem Standort teil. Die Sensibilisierung der Standorte angesichts der Stimmen und Interessen der EA entwickelt sich fortlaufend: EA werden im Entscheidungsfindungsprozess tiefer involviert. In dieser Hinsicht werden weitere Seminare und Maßnahmen für und mit EA organisiert.

11) Die Erstellung einer Ehrenamtskarte gehört auch dem Unterstützungsprozess der samo.fa-Aktiven. Somit soll der Zugang zu öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen erleichtert werden. Dies führt gleichzeitig zu einem selbstbewussten Auftritt der EA aus.

12) Die Durchführung von Anerkennungsveranstaltungen und -feste für EA gehört auch der samo.fa Tradition und werden weiter gefördert.

13) Die Erhöhung des EA-Einsatzes pro Standort und die Stärkung der Aufwandsentschädigung bzw. der Ressourcen für die Ehrenamtsarbeit werden vom BV-NeMO im Rahmen der Interessenvertretung und der Gespräche mit der Bundesregierung angestrebt. Es wird angemerkt, dass die samo.fa hauptamtlichen und ehrenamtlichen Strukturen sich gegenseitig brauchen und stützen.

14) Die EA-Arbeit wird Hand-in-Hand mit einer diskriminierungskritischen Arbeit durchgeführt. Bundesnetzwerksitzungen und -treffen legen dementsprechend den Fokus auf die Verknüpfung EA-Arbeit /Anti-Diskriminierung. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang sind: a) Welche Rolle spielen die Aktiven in der rassismuskritischen Arbeit? b) Wie kombinieren wir beide Arbeitsbereiche? c) Wie werden EA selbst von rassistischen Vorfällen betroffen? d) Wie hat sich die EA-Arbeit in der Corona-Zeit entwickelt bzw. geändert? Die dazu bezogenen Aktivitäten und Veranstaltungen werden in Zusammenarbeit mit dem Antirassismus-Projekt „Wir sind viele“ von BV durchgeführt.

15) Eine Botschaft wurde klar und deutlich bei der Bundesnetzwerksitzung am 17.-18.09.20 in Dortmund geäußert: Corona verursacht bedeutsame Ängste bei den EA und stellt ihre Arbeit mit Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte vor großen Herausforderungen. Diese Ängste sind gut begründet. Wegen des alltäglichen nahen Kontakts zu anderen Menschen sind EA in gesundheitlicher Risikolage. Wegen ihres Engagements im migrations- und teilhabepolitischen Bereich sind sie in besonderer sozialen Risikolage. Alte und neue Praktiken des Rassismus und der Diskriminierung machen ihre Arbeit schwierig und manchmal gefährlich. Samo.fa benutzt demensprechend energisch alle personalen Kräfte und materiellen Mittel, um diesen Gefahren entgegenzuwirken und die Aktiven in Schutz zu nehmen. In diesem Zusammenhang werden Überlastung und burn-out von den EA zielstrebig vermieden.

16) Die unterschiedlichen Arbeitsweisen von EA mit und ohne Migrationsgeschichte werden fortlaufend beschrieben und analysiert. Diese Unterscheidung betrifft die Art und Weise der Arbeit im Rahmen von migrantischen Organisationen (EA vorwiegend mit Migrationsgeschichte: Fall von samo.fa) und anderen Trägern wie z.B. Wohlfahrtsverbänden (bei denen mehrheitlich EA ohne Migrationsgeschichte aktiv sind). Wichtig ist es zu betonen, dass beide Dimensionen (EA mit und ohne Migrationshintergrund) im Rahmen der Arbeit für Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte ergänzend sind. Diese unterschiedlichen Beschreibungen ermöglichen: a) eine bessere Abgrenzung der Alleinstellungsmerkmale der ehrenamtlichen Arbeit bei migrantischen Organisationen b) Die Verbesserung ihrer Arbeitsverhältnisse auf der Basis von diesen Alleinstellungsmerkmalen c) Die Intensivierung der Zusammenarbeit von EA mit und ohne Migrationsgeschichte

Migrationssensibles Ehrenamtskonzept 2022 als pdf downloaden

Bundesnetzwerktreffen im März 2022: Situation der Aktiven, Krieg in der Ukraine und Verstetigung migrantischer Strukturen in der lokal-kommunalen Geflüchtetenarbeit

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Am 31.03.2022 fand das dritte Bundesnetzwerktreffen des Jahres 2022 mit dem Fokus auf drei thematischen Bereiche statt:

  • die Situation der Aktiven,
  • die Ukraine-Krise und
  • die Verstetigung der migrantischen Strukturen in der lokal-kommunalen Geflüchtetenarbeit im Hinblick auf die lokalen Dialogkonferenzen.

50 Teilnehmende inkl. Aktive, Koordinator:innen, externe Referentin und Leitungsteam waren dabei.

Die Veranstaltung wurde von Ümit Kosan, Projektleiter des Projekts samo.fa, eröffnet. Bei seiner Rede beschrieb er die verschiedenen Phasen und Herausforderungen des Projekts samo.fa, zusammen mit der Entwicklung des ehrenamtlichen Engagements seit 2016. Auf folgende Frage machte er in seiner Einführung aufmerksam: Wie stabil und resilient bleiben die EA-Strukturen in den verschiedenen Standorten angesichts der Änderungen bei der Lage vor Ort, den Zielgruppen und/ oder den Aufgaben über die Jahre?

Danach fand ein Vortrag von Lara Benteler, Ehrenamtskoordinatorin beim Exil e.V. (Osnabrücker Zentrum für Flüchtlinge), statt. Mit 35-jähriger Erfahrung hat der Verein seiner Expertise in den Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Menschen mit Migrationsgeschichte aufgebaut. Frau Benteler präsentierte das Projekt „Mach´s doch selbst!“ zur Stärkung von Teilhabe und Vernetzung. Nachfolgend ermöglichte sie einen ergiebigen Austausch mit mehreren samo.fa-Koordinator:innen. Als Herausforderungen zur Ehrenamtskoordination erwähnte Lara Benteler die immer noch existierten Bevormundungspraktiken, die interkulturelle Konflikte sowie die Unverhältnismäßigkeit zwischen höhen Bedarfen und Erwartungen der Zielgruppe und unzureichenden Angeboten.

A) Situation der Aktiven

Anschließende Beiträge von samo.fa Aktiven aus Dortmund, Hannover, Freiburg und Stralsund haben gezeigt wie vielfältig, engagiert und mehrsprachig ihrer Arbeit ist, aber auch wie schwierig ist es, sich mit den vielen Stolpersteinen ihm Alltag zu konfrontieren. Der geschlechterausgeglichene und generationsübergreifende Charakter des Ehrenamts bei samo.fa wurde auch bestätigt und bleibt als Mehrwert des Projektes.

Drei Workshops fanden daraufhin parallel statt: 1) Grundlagen des Ehrenamts 2) EA und Corona 3) Krieg in der Ukraine mit neuen Aufgaben für die EA.

1) Zur Entwicklung des Ehrenamts wurde im ersten Workshop betont, dass die Beibehaltung der Aktiven über die Jahre sich als schwierige Tätigkeit erwiesen hat. Ausbildungen, Nebenjobs und neue Lebensperspektiven erschweren die Kontinuität des Engagements. Zur Neugewinnung und Sicherung der EA-Strukturen ist es also wichtig, zum einen neue mögliche EA direkt anzusprechen, zum anderen passgenaue Qualifizierungen, Fortbildungen und Unterstützung für die schon Engagierte (auch wegen körperlicher und psychischer Belastung) auf die Beine zu stellen.

2) Im zweiten Workshop wurde die Doppelarbeit und Überförderung von Aktiven in der Pandemie hervorgehoben, die spezielle Kompetenzen angesichts der sozialen und gesundheitlichen Einschränkungen entwickeln mussten. 2022 als neue Phase der Pandemie ermöglicht die Entlastung für mehrere EA und stellt neue Herausforderungen zur Neugewinnung von Engagierten. Wunsch der EA an die Koordination war mehr Austausch, Anbindung, Vernetzung sowie Tipps zur Verweisberatung (auch digital).

3) Der dritte Workshop machte deutlich, dass der Schwerpunktsetzung bei der Arbeit mit Geflüchteten aus der Ukraine je nach Standort sehr unterschiedlich ist. Es gibt diesbezüglich verschiedene Zielgruppen im Rahmen der samo.fa-Begleitung: ukrainische und/oder russischsprachigen Geflüchteten, BIPoC, Sinti*zze und Rom*nja. Alle Standorte berichteten von einer sich verändernden und großen Aufgabenstruktur der ehrenamtlichen Arbeit, die ein breites Spektrum von Handlungsfeldern zur Stabilisierung des Alltags von den geflüchteten Menschen adressiert.

Ein gemeinsamer Nenner der Workshops ist zu nennen: Die Folgen der Corona-Krise, die noch zu bewältigen Ebenen der Digitalisierung und die Folgen des Kriegs in der Ukraine stellen die Aktiven vor große Herausforderungen in den kommenden Monaten. Überförderung, Überlastung und Burn-Out sind reale Gefahren für die Zusammenarbeit von Aktiven und Koordinator:innen vor Ort, was entsprechende individuelle und effektive Unterstützungsmaßnahmen sowie ständige Motivation und Anerkennung innerhalb des samo.fa Netzwerks und der lokal-kommunalen Zusammenarbeit verlangt.

B) Der Krieg in der Ukraine und die Auswirkungen auf die  samo.fa-Geflüchtetenarbeit

Im zweiten Block der Veranstaltung widmeten sich die Koordinator:innen aus Göttingen und München den vielschichtigen Bereichen der lokal-kommunalen Geflüchtetenarbeit in Bezug auf die Situation der Geflüchteten in Folge des Krieges in der Ukraine. Als unverzichtbar erweis sich aktuell der Beitrag von ukrainischen, russischen und afrikanischen migrantischen Organisationen zur Bewältigung der schwierigen Aufgaben des Ankommens von geflüchteten Familien und Alleinreisenden. Die samo.fa-Koordinierungsstellen stellen interkulturelle Hilfe -und Beratungsangeboten sowohl für ukrainische Familien als auch für afrikanische Studierenden zur Verfügung. Hinzu machte Wilfried Kruse als wissenschaftlicher Berater im Projekt darauf Aufmerksam, dass das samo.fa mehrjähriges Repertoire an Wissen und Erfahrungen gerade jetzt benötigt wird und als Vorteil beansprucht werden muss, auch für die Abgrenzung und Abstimmung der kommenden Maßnahmenpläne. In dieser Hinsicht bleibt eine enge Zusammenarbeit mit den lokal-kommunalen Strukturen als besondere Voraussetzung zur effektiven Umsetzung der migrantischen Angeboten.

C) Verstetigung migrantischer Strukturen in der lokal-kommunalen Geflüchtetenarbeit

Im dritten und letzten Block der Veranstaltung wurden die inhaltlichen Grundzügen zur diesjährigen Gestaltung der über die Jahre gut verankerten samo.fa lokalen Dialogkonferenzen vorgetragen. Die lokalen Dialogkonferenzen werden zwischen April und Juni 2022 durchgeführt. Anschließend sammelt und präsentiert eine große Bundesdialogkonferenz im November die zahlreichen Ergebnisse der lokalen Dialogkonferenzen. Die Konferenzen bringen die relevanten Akteur:innen der dauerhaften lokal-kommunale Geflüchtetenarbeit an einem Tisch zusammen zur Besprechung von aktuellen und künftigen Aktivitäten und Strategien.

Broschüre: Fünf Jahre Unterstützung von Menschen mit Fluchtgeschichte durch Aktive aus Migrant*innenorganisationen

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Wo wir heute stehen. Ein kurzer Rückblick und Ausblick

Was erreicht wurde.

2015: Das war das Jahr, indem sehr viele Menschen auf der Flucht hier Schutz suchten. Deutschland erlebte einen „Sommer des Willkommens“. In diesem Zusammenhang entstand u.a. – gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration – das Projekt samo.fa = Stärkung von Aktiven aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit. Der Bundesverband Netzwerke von Migrantenorganisationen (BV NeMO) ist verantwortlicher Träger des Projekts.

Die Besonderheit: Aus der Mitte von Migrant*innenorganisationen sind Menschen aktiv,die aufgrund ihrer eigenen Geschichte und auch ihrer besonderen Kompetenzen in der Lage sind, die Bedarfe und Bedürfnisse der Geflüchteten zu verstehen und vertrauens volle Beziehungen aufzubauen.

Samo.fa: An über 30 Standorten in ganz Deutschland.

Was Leserinnen und Leser in dieser Broschüre erwartet:

5…Wie starten? Es entwickelt sich: die „samo.fa-Methode“
7…Im Zentrum: Was die Geflüchteten brauchen
8…Ankommen: ein langer und schwieriger Weg
10…Und dann: die Corona-Krise…
11…Zusammenarbeit „vor Ort“: Verantwortungsgemeinschaften und Netzwerke
12…Eine sichtbare Rolle in der Stadtgesellschaft: die Städte sind anders geworden
14…Die Arbeit mit Geflüchteten: auch ein Impuls für die Migrant*innenorganisationen selbst
15…Zahlenwerk: Reichweite des Projektes
16…Was erreicht wurde
17…Auch nach 2021: das Ankommen begleiten

Hier die ganze Broschüre als pdf-Dokument downloaden.

Flucht aus der Ukraine. Momentaufnahmen aus den Standorten von samo.fa

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5. März 2022

Die samo.fa-Standorte sind da, wenn die Geflüchteten aus der Ukraine kommen. Hier eine erste Übersicht zum Stichtag 4. März 2022:

  • Es sind zuallererst diejenigen Standorte mit Trägern mit ukrainischem oder russischem Hintergrund oder mit wichtigen Personen, die einen solchen Hintergrund haben, bei denen sehr viele Informationen auflaufen und die von Menschen aus der Ukraine kontaktiert werden (z.B. Göttingen, Stralsund, Köln, Fulda…).

– Von diesen wird berichtet, dass es auf offiziellen Wegen bisher nur wenige Flüchtlinge gibt, aber in einer Reihe von Familien schon geflohene Verwandte angekommen sind oder sich angekündigt haben, z.B. in Göttingen oder Fulda.
– Bei diesen Standorten ist eine sehr direkte, persönliche Involviertheit und große, emotionale Betroffenheit zu beobachten: Verzweiflung, Wut… Der Angriff auf die Ukraine und seine Folgen für die Menschen wird als eine extreme Ausnahmesituation erlebt, mit der die „Hiesigen“ auch lernen müssen umzugehen.
– Allmählich werden Hilfen aufgebaut; es stehen dort mehr ehrenamtliche Aktive bereit als für die „normale“ samo.fa-Arbeit der letzten Monate.

Viele Standorte bereiten sich vor, vor allem jene, bei denen ein starker Zugang von
Geflüchteten erst in den nächsten Tagen und Wochen erwartet wird.

– Es gibt Bemühungen, den Pool der ehrenamtlich Aktiven gezielt mit Personen aufzustocken, z.B. in Dortmund, die auch sprachlich vermitteln können.
– Das gilt auch z.B. für Potsdam; dort wird die Zahl der Geflüchteten täglich größer, mittlerweile 100, oder für Nürnberg.
– Es wird geprüft, ob aus dem Kreis der gerade Angekommenen ehrenamtlich Aktive gewonnen werden können, denn viele der Geflüchteten wollen helfen. Dafür müssten spezielle Unterweisungen und Coaching angeboten werden.

Erste Unterstützungen laufen an. Hier lebende Menschen mit ukrainischem und russischem Hintergrund spielen dabei eine herausragende Rolle.

– Es werden primär Maßnahmen organisiert, durch die die Kinder aus den geflüchteten Familien psychisch aufgefangen, abgelenkt werden, ihren Eltern, bzw. vor allem den Frauen, wiederum Luft für Organisatorisches und zum Verarbeiten verschafft werden kann.
– Da die Familien mit Kindern aktuell noch die Hoffnung haben, bald wieder zurückkehren zu können, ist Beschulung im klassischen Sinne nicht der primäre Bedarf. Es geht also weniger um Deutschkurse, als um Lernaktivitäten in ukrainischer Sprache, wie sie z.B. in Reutlingen entwickelt und angeboten werden.
– Weiterleitung von wichtigen Informationen (auch Mehrsprachig – z.B. über Instagram), insbesondere auch rechtlicher Art, und Verweisung auf kommunale/zivilgesellschaftliche Unterstützungsstrukturen; auch Info-Material, das vom Leitungsteam an die Standorte versandt wurde.
– Eine Variante der Aufklärungsarbeit, z.B. in Stralsund, besteht in Podcasts, Schulungen und Material zur Vorgeschichte des Konflikts und zu laufenden Informationen über die Lage in der Ukraine.
– Es laufen erste direkte Beratungskontakte an, so. z.B. in Bielefeld mit Studierenden aus dem Iran, die nun aus der Ukraine geflüchtet sind. Dies Beispiel zeigt zugleich an, wie komplex die Anforderungen an Beratungen sein können.
– Dies gilt auch für die Unterstützung von Geflüchteten mit afrikanischem Hintergrund, um die
sich in Saarbrücken und Berlin gekümmert wird. Aus Potsdam wird berichtet, dass sich afrikanische Studierende, die aus der Ukraine geflohen sind, melden und dringend jedwede Unterstützung benötigen.
– Verweisberatung und Sekundärunterstützung, z.B. logistischer Art, durch erfahrene Träger spielt zunehmend eine wichtige Rolle, wie z.B. in Stuttgart und Augsburg.
– Übernachtungsmöglichkeiten werden geklärt und vorbereitet, z.B. in München. Dort, wo es große osteuropäische Migrant*innen-Communities gibt, wie z.B. in Düsseldorf, kommen laufend Geflüchtete an; bis zum Berichtstag waren es schon 500. 250 Plätze für die Erstaufnahme sind vorbereitet; das reicht aber nicht.
– Es finden Treffen zwischen Migrant*innen-Organisationen statt zur Eruierung von Zusammenarbeit und Abstimmung von Angeboten.
– Spendensammlungen werden initiiert, z.B. in München, Düsseldorf, Reutlingen, Stralsund

Kommunale Zusammenarbeit. Viele Kommunen bereiten Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vor; viele zivilgesellschaftliche Akteure sind ebenfalls „am Start“. Abstimmung, Arbeitsteilung und Zusammenarbeit sind daher von besonderer Bedeutung.

– In Bochum z.B. hat die Stadt ein „Orga-Team“ und ein Initiativkreis gebildet. Die Koordinierung liegt bei der Ehrenamtsagentur. Der samo.fa-Träger ist aktiv beteiligt und schon Anlaufstelle für vielfältige Anfragen und Angebote, die übrigens auch in Hinblick auf Seriosität, Diskriminierungsfreiheit und Machbarkeit geprüft werden müssen.
– An allen Standorten sind mittlerweile Kontakte zu den kommunalen Stellen aufgenommen worden.
– Es ist leider immer noch keine Selbstverständlichkeit, dass die samo.fa-Expert*innen für Geflüchtetenarbeit in die kommunalen Krisenstäbe einbezogen werden.
– Oftmals sind auch die jüdischen Gemeinden erste Anlaufstelle; mit ihnen wird kooperiert, wie z.B. in Mönchengladbach.
– Schon jetzt wird z.T. Vorkehrung für längerfristige Aufenthalte getroffen, wie z.B. in Stralsund durch den Aufbau eines Gesundheitsnetzwerks.
– Als eine besondere Herausforderung wird gesehen, dass die Menschen, die kommen, in der Regel noch Verwandte und enge Freunde in der Ukraine haben und sich allergrößte Sorgen machen müssen. Das Trauma der eigenen Flucht und die psychologische Belastung durch die Sorge um die Zurückgebliebenen verstärken sich gegenseitig. Psychologische Hilfe und
Unterstützung wird dringend notwendig werden.

Aufklärung und Mobilisierung von Solidarität: das Wirken in Richtung auf die eigenen Vereine, die Öffentlichkeit und die lokale Politik gehört zu den „Standards“ der Geflüchtetenarbeit „vor Ort“.

– An nahezu allen Standorten, z.B. in Lübeck, Hannover, Freiburg, München, Münster, Dresden und Leipzig, gibt es Solidaritätsaktionen und Mobilisierung zur Unterstützung der ukrainischen Geflüchteten. Dabei kommen verschiedene Formate zum Einsatz, so z.B. Stellungnahme und Pressenmeldung (München), eine gemeinsame Erklärung von Migrant*innen-Organisationen (Lübeck), Radiokampagnen /-aktionen (Freiburg) und Instagram-Gruppen
– Dialogkonferenzen als eingespieltes Format zum Thema Flucht aus der Ukraine, z.B. in Stralsund

Die Krise mobilisiert Vorurteile und Diskriminierungen. Es besteht die Gefahr, dass sich Unterscheidungen in Geflüchtete, wie akzeptiert und solche, die weniger akzeptiert werden, verschärft.

– Bei den Standorten mit Bezügen zu hier schon lebenden Menschen mit Herkünften aus der Ukraine und aus Russland ist bislang nicht zu beobachten, dass sich Feindschaften entwickeln, eher gebe es gemeinsamen Kummer um den Umstand, Kriegsparteien zu sein. Man wünsche sich, so wird berichtet, eine deutliche Differenzierung zwischen Regierungen
und den Menschen dieser Länder, eine sachliche Herangehensweise und ein uneingeschränktes Bekenntnis zu Frieden.
– Berichtet wird von der Wahrnehmung, dass Geflüchtete aus der Ukraine in der Öffentlichkeit ein deutlich anderes „Image“ haben als andere Gruppen von Geflüchteten: sie werden als weiß, christlich, europäisch und gebildet gelesen.
– Aus Standorten mit einem starken Bezug zu Menschen z.B. aus afrikanischen Ländern werden die Meldungen über Diskriminierungen von Geflüchteten mit Drittstaatenpässen beim Eintritt in EU-Länder und auch bei Bahnfahrten in Deutschland mit Besorgnis registriert.
– Es ist keineswegs auszuschließen, dass Menschen mit russischem Hintergrund Zielscheibe von Alltagsdiskriminierungen werden. Es gibt Berichte aus erster Hand, dass die Kinder und Jugendlichen in der Schule von deutschen Lehrkräften gefragt werden, wie ihre Eltern politisch und zu Putin stehen.

Das Papier downloaden.

 

11. März 2022

Die Zahl der Geflüchteten wird von Tag zu Tag größer. Besonders gefordert sind nach wie vor diejenigen Standorte, deren Träger einen osteuropäischen Hintergrund haben. Dort, wie z.B. in Düsseldorf, geht der Bedarf an Unterbringung zeitweilig weit über das hinaus, was gerade zur Verfügung steht. Zugleich sind es auch diese Standorte, die aufgrund ihrer vielfältigen Beziehungen in die Ukraine – oder auch in die Nachbarländer der Ukraine, wie Polen – besonders beim Sammeln und Transport von Hilfsgütern engagiert sind. Eine Begleiterscheinung dieser katastrophalen Krise ist die Aktualisierung von Schuldzuschreibungen und Rassismen. Gerade die in samo.fa tätigen Verbünde mit ihrer herkunftsübergreifenden Mitgliedschaft sind hier „Gegenmodell“ und Akteur in der Auseinandersetzung mit Diskriminierung und Rassismus. Zum Beispiel: Gemeinsame Konzerte russischer und ukrainischer Gruppen, wie in Göttingen, haben hierfür einen wichtigen Stellenwert.

Mit der Dauer des Krieges, der wachsenden Zahl von Opfern und der Zerstörung der Bewohnbarkeit der Städte wächst bei vielen Geflüchteten die Befürchtung, nicht oder jedenfalls nicht schnell zurückkehren zu können. Bleibeperspektiven werden in Erwägung gezogen, oder z.T. auch schon aktiv verfolgt. Bedarfe und Bedürfnisse der Geflüchteten erweisen sich als differenzierter, als oft unterstellt wird; so wird aus Bochum und vielen anderen Standorten berichtet.

Fast übergangslos beginnt eine zweite Phase, in der es nicht mehr „nur“ um Grundversorgung geht, sondern ein zumindest auf einige Zeit angelegter Aufenthalt vorbereitet werden muss. Ein Hinweis z.B. aus Reutlingen: „Alle wollen Deutsch lernen, lieber gestern als heute“.  Das heißt: die provisorische Unterbringung bei Freunden, Verwandten oder in Auffangeinrichtungen muss gegen zumutbare Wohnlösungen getauscht werden, Kinder und Jugendliche in KiTAs und Schulen angemessen und fördernd integriert, wie z.B. in Stralsund der Zugang zur Gesundheitsversorgung – auch wegen Covid-19 und Impfungen, aber auch wegen der großen Zahl älterer Menschen, die gekommen sind  – geöffnet und gefördert und ein Grundeinkommen gesichert werden.

In dieser jetzt beginnenden Phase sind die Kompetenzen, die die ehrenamtlich Aktiven und die Koordinator*innen von samo.fa in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, dringend gefordert. Davon würden auch kommunale Mittelfriststrategien profitieren, die nun dringend entwickelt werden müssen. Noch aber hat sich die lokal-kommunale Kooperation „auf Augenhöhe“ immer noch nicht befriedigend und wirksam genug eingespielt.

Bild: canva.com

Veröffentlichung Broschüre zu Sommer und Winter der Bildung und Lebensfreude

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Seit März 2020 ist die Corona-Pandemie ein Bestandteil des Alltags. Sie stellte uns alle dieses Jahr erneut vor große Herausforderungen. Trotz der Einschränkungen haben wir als samo.fa Netzwerk viel bewirkt. Wir organisierten im Sommer 2020 und Winter 2020/2021 kreative Aktionen für Kinder und Jugendliche. Nun ist eine Broschüre zum Sommer und Winter der Bildung und Lebensfreude fertig gestellt und veröffentlicht worden.

Die Broschüre downloaden.

Drehtag mit Faust TV am 26.08.2020 in Hannover

Flüchtlingsarbeit als ständige Aufgabe vor Ort: samo.fa im 1. Halbjahr 2021

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Im 1. Halbjahr 2021 werden die Arbeitsschwerpunkte des Vorjahres fortgesetzt, insbesondere auch die Auseinandersetzung mit dem Rassismus. Das leitende Thema des 1. Halbjahres aber ist: Flüchtlingsarbeit als ständige kooperative Aufgabe vor Ort. Die Förderung von samo.fa wird in der bisherigen Form definitiv Ende 2021 auslaufen. Da aber damit wird weder die weitere Unterstützung der Menschen mit Fluchtgeschichte, die in den vergangenen Jahren ankommen sind, überflüssig, noch enden Flucht und Asyl. Vorträge und Gesprächsrunden auf der Bundesnetzwerksitzung am 11. Februar 2021 haben dies noch einmal sehr klar gemacht.

Die Bundesdialogkonferenz im Juni 2021 und die vorher stattfindenden Lokalen Dialogkonferenzen werden dies zum Thema haben, mit wichtigen Partnern und Gästen aus der Kommune und aus den Organisationen, mit denen gemeinsam vor Ort gearbeitet wird. Besonders wichtig ist dabei der Schulterschluss mit dem Verbund „Kommunen – Sichere Häfen“.

Unsere lokale Arbeit ist ganz nahe bei den Menschen mit Fluchtgeschichte und sie muss ihnen nutzen. Alles steht nach wie vor im Zeichen der Corona-Krise. Auf die zu befürchtenden und schon eingetretenen negativen sozialen Folgen hat der Aktionstag am 26.Februar nachdrücklich hingewiesen. Die Problemlagen verändern sich unter Corona-Bedingungen ständig. Deshalb wird in diesen Wochen mit erneuter Neugier, mit Phantasie und genauem Blick die lokale Flüchtlingsarbeit reaktiviert.  

Hierzu gehört auch der „Winter der Bildung und Lebensfreude“: Bildung und Lebensfreude wird auch noch gebraucht, wenn das Frühjahr kommt. (WK 10.3.2021)

Jena: lokale Initiative erfolgreich

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In Jena-Winzerla, wo die NSU-Terroristen sich in den neunziger Jahren zusammenfanden, soll ein neuer Platz nach dem am 11. September 2000 in Nürnberg erschossenen Blumenhändler Enver Şimşek benannt werden. Den entsprechenden Vorschlag des Ortsteilrats Winzerla hatte Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) zunächst abgelehnt und mit dem Gegenvorschlag „Platz der Demokratie” beantwortet. Der Ortsteilrat beharrte jedoch darauf, dass die lesbare Erinnerung an das erste Opfer der Mordserie der Rechtsterroristen geboten sei. In der monatelangen öffentlichen Debatte meldeten sich auch Kirchgemeinde und Sportverein, Jugendeinrichtungen, Sozialverbände und Wohnungsgesellschaften zu Wort, die dem Ortsteilrat den Rücken stärkten. Der erst vor einem Jahr gewählte Oberbürgermeister stellte sich in Winzerla einer Diskussionveranstaltung. Nun hat der Namensvorschlag im zuständigen Kulturausschuss der Stadt Jena eine Mehrheit erhalten, wenige Tage vor der Thüringer Kommunalwahl.
Im Beisein des Oberbürgermeisters, der infolge der öffentlichen Diskussion seine Ansicht geändert hatte, kam sogar ein einstimmiges Votum des Kulturausschusses zustande. Zugleich wurde beschlossen, den städtischen Botho-Graef-Preis, der alle drei Jahre vergeben wird, im Jahr 2021 für „ein Kunstwerk zur Erinnerung an die Opfer des sogenannten NSU und die Verantwortung der Stadt Jena” auszuschreiben, und zwar „in räumlicher Beziehung zum genannten Platz”. Jonas Zipf, der Leiter des städtischen Eigenbetriebs JenaKultur, sagte im Gespräch mit dieser Zeitung, dass der Oberbürgermeister ihn inzwischen beauftragt hat, weitere Veranstaltungen zum NSU-Opfergedenken zu organisieren. Es werde zur Begleitung der Platzbenennung ein “künstlerisch-wissenschaftliches Symposium” geben; man sei schon in Gesprächen mit der Universität. Außerdem wolle man gemeinsam mit dem Theaterhaus Jena die Initiative ergreifen für „ein bundesweites, dezentrales Theaterfestival” mit Premieren zum NSU-Komplex, das 2021 stattfinden könnte, in Städten, wo es Opfer des NSU gab, ebenso wie an Orten, wo das Tätertrio lebte, also in Jena, Chemnitz und Zwickau.
Semiya Şimşek-Demirtas, die vor sechs Jahren das Buch „Schmerzliche Heimat – Deutschland und der Mord an meinem Vater” veröffentlichte, teilte dieser Zeitung mit, die Familie habe die Jenaer Kontroversen genau verfolgt. Man sei dankbar für die Entscheidung, mit einem Platz an ihren Vater zu erinnern: ,,Das ist für uns ein Zeichen der Solidarität und das Signal einer Stadt, dass Rassismus nicht toleriert wird.”

(Auszug von Günter Platzdasch aus der FAZ 24_5_19)

Corona-Krise: Ehrenamtlich Aktive so dringend gebraucht wie seit 2015 nicht mehr. Aus den samo.fa – Standorten

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„Es wollen aber viele Ehrenamtliche in dieser extrem schwierigen Zeit etwas Gutes tun. Sie standen telefonisch und digital in schwierigen Zeiten den Menschen mit junger Fluchtbiographie zur Seite. Sie wurden zu Personalberater*innen und wenn es nötig war, auch zur ‚Telefonseelensorge‘…“, so wird z.B. aus Halle (Saale) berichtet. Da klingt an, was 2015/2016 im Zentrum stand: nämlich die große Unterstützungsbereitschaft und die selbstverständliche Solidarität mit Menschen in einer schwierigen Lage.

Menschen mit Fluchtgeschichte, die Unterstützung dringend brauchen und Aktive, die handeln: trotz Ähnlichkeiten ist die Situation in der Corona-Krise in vieler Hinsicht ganz anders als 2015. Das wird aus den Berichten von „vor Ort“ sehr deutlich: Die Corona-Krise betrifft beide Seiten: die Aktiven sind selbst Betroffene der Krise, als Personen, die mit ihren Familien selbst unter dem lock-down leiden, aber auch als engagierte Aktive, die jene, die sie bisher unterstützt haben, nicht mehr persönlich treffen können, und als Mitwirkende in Vereinen und bei samo.fa, deren bisherige Arbeitsweise von einem zum anderen Tag unterbrochen wird. So wurde mit den Kontakteinschränkungen, wie z.B. aus Köln berichtet wird, seit dem 13. März den Ehrenamtlichen der Zugang zu den Gemeinschaftsunterkünften untersagt.

So wie die samo.fa-Standorte ihre Arbeit neu aufstellen mussten, mussten die Aktiven darin unterstützt und zum Teil dafür motiviert werden, trotz aller Schwierigkeiten Kontakte zu halten oder auch neue Kontakte aufzunehmen. Mit dem massiven Ausbruch der Krise landeten die Menschen, die bisher begleitet und unterstützt wurden, in einer krassen Situation, die in verschiedener Hinsicht belastender erschien und erscheint als noch die schwierige Ankunftssituation vor einigen Jahren: die Corona-Krise und ihre Folgen drohte und droht sie in dem mühsamen Prozess des Ankommens zurückzuwerfen: gesundheitlich, sozial und beruflich.

Von daher war und ist die Aufgabe der ehrenamtlich Aktiven jetzt und in der nächsten Zukunft sehr herausfordernd, sie war und ist eine neue Form der Nachbarschaftshilfe „auf Abstand“. „In der Pandemiezeit bekam diese Nachbarschaftshilfe eine besondere Bedeutung. Diese Art von ehrenamtlicher Arbeit stellte gleichzeitig eine Herausforderung für die Ehrenamtlichen dar, weil hier alle ihre Stärken gefordert waren“, heißt es hierzu aus Köln, und ähnlich Stralsund.

Nun sind die ehrenamtlich Aktiven von 2020 nicht mehr die von 2015/2016, auch, wenn es sich z.T. um dieselben Personen handelt: sie haben ihre Fähigkeiten weiterentwickelt, zu den Teams der Ehrenamtlichen sind Neue hinzugekommen, mit speziellen Kompetenzen und/oder mit eigener unmittelbarer Fluchtgeschichte. An vielen Standorten wird nach wie vor großer Wert auf eine gute Begleitung der Ehrenamtlichen gelegt und dies in der Corona-Zeit noch verstärkt: so wurde z.B. in Kiel der „Takt“ des Treffens des samo.fa-Clubs von monatlich auf vierzehntägig verkürzt und als Videochat durchgeführt. An manchen Orten meldeten sich auch Ehrenamtliche „zurück“, die in der letzten Zeit nicht mehr kontinuierlich mitgemacht hatten.

Im Grunde war samo.fa an seinen Standorten also gut gerüstet, um das zu tun, was zunächst unmittelbar und rasch getan werden musste: über Corona und die erforderlichen und angeordneten Maßnahmen in einem breiten Spektrum von Herkunftssprachen zu informieren oder z.B. als Dolmetscher*in bei Corona-Hotlines  wie in Lübeck oder Potsdam zu wirken. Dann ging es um, wie aus Münster berichtet wird: „Kontakte zu den schwer erreichbaren Migrant*innen und Geflüchteten durch intensive telefonische Gespräche und Vermittlung der aktuellsten Informationen in verschiedenen Sprachen über Sicherheitskonzept, Mundschutzpflicht, Abstandsgebot, hygienische Standards und Infektionsschutzmaßnahmen“.

Und nachfolgend entstanden vielfältige Aktivitäten, wie Maskennähen, Hausaufgabenhilfe per Skype, oder auch, wie aus z.B. aus Hildesheim berichtet wird, Begleitung und Organisation bei Beerdigungen. Je länger der lock-down andauerte, umso bedrängender wurde zum Teil die häusliche Situation, und die ehrenamtlich Aktiven, wie aus Münster berichtet wird, „führen telefonische Gespräche, wie man in einem engen Raum mit der ganzen Familie ohne Konflikte und Haushaltsgewalt zusammenhalten kann“. (Zu den vielfältigen Aktivitäten siehe auch die weiteren Beiträge .

Mit der allmählichen Lockerung werden nun alle jene Befürchtungen und Sorgen greifbarer, die mit den sozialen Risiken verbunden sind, die der Corona-Krise nachfolgen. Dies wird die ehrenamtlich Aktiven noch einmal in besonderer Weise fordern: ihr verstärktes Engagement wird auch in den nächsten Monaten gänzlich unverzichtbar sein. WK

BV NeMO: Kommunale Handlungsfähigkeit zentral Brief an Leipzigs OB und  Präsident des Deutschen  Städtetags

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Der Vorstand des BV NeMO erklärt in einem Schreiben an Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig und Präsident des Deutschen Städtetags: „dass wir die Notlage, in der sich viele Kommunen nicht nur, aber vor allem verstärkt durch die Corona-Krise befinden, sehen und in der Forderung nach nachhaltiger Unterstützung für die Sicherung kommunaler Handlungsfähigkeit an Ihrer Seite sind.“

Der BV NeMO als Zusammenschluss lokaler Verbünde weiß, wie zentral diese Handlungsfähigkeit „vor Ort“ insbesondere auch für die Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte ist. Er schlägt vor, in einem Gespräch „Punkte gemeinsamen Interesses“ zu erörtern. Anlass des Briefs waren auch „Fragen zur Prävention und Schutzstrategien in Gemeinschaftsunterkünften in Leipzig“, mit denen sich Migrant*innenvereine und samo.fa Anfang Mai an den Oberbürgermeister gewandt hatten.

Der Brief ist hier zu lesen.

BV NeMO solidarisiert sich mit dem Kommunalen Bündnis “Städte Sicherer Häfen”

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Der Vorstand des Bundesverbands Netzwerke von Migrantenorganisationen (BV NeMO) sieht den Bundesverband in enger Nachbarschaft zum Anliegen des Kommunalen Bündnisses „Städte Sicherer Häfen“. In einem Brief, den der Vorsitzende des BV NeMO, Ümit Koşan, an den Sprecher des Bündnisses, den Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert, richtete, heißt u.a.: „Wir sind wie Sie der Auffassung, dass wir hier in Deutschland viel mehr Menschen auf der Flucht aufnehmen können und müssen.” Die Städte seien dafür gut gerüstet, nicht zuletzt auch durch das Engagement vieler Migrant*innenorganisationen „vor Ort“. Vorgeschlagen wird ein gemeinsames Gespräch mit dem Ziel einer engeren Zusammenarbeit.

Die übergroße Mehrheit der Städte, in denen samo.faPlus aktiv ist, sind mittlerweile Mitglied des Kommunalen Bündnisses „Städte Sicherer Häfen“; es fehlen aktuell lediglich 5, nämlich Dresden, Erfurt, Fulda, Mönchengladbach und Stralsund.

Partner vor Ort    III