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Pressemitteilung: Geflüchtete: Noch nicht wirklich im neuen Alltag angekommen – 6 Besonders viele Integrationshürden für Kinder und Jugendliche

By 30. August 2018

Geflüchtete: Noch nicht wirklich im neuen Alltag angekommen – 6
Besonders viele Integrationshürden für Kinder und Jugendliche

Dortmund, 30. August 2018. Für geflüchtete Kinder und Jugendliche gibt es auf den Weg in den Alltag in Deutschland viele Risiken. Das beobachten bundesweit Migrantenorganisationen, die in 32 verschiedenen Städten im samo.fa Projekt des Bundesverbandes Netzwerke von Migrantenorganisationen e.V. (BV NeMO) mit Geflüchteten arbeiten. Samo.fa steht für Stärkung der Aktiven aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit.
Das Risiko, im Bildungssystem zu scheitern oder dort viele Schwierigkeiten zu haben, ist für Kinder und Jugendliche mit Fluchtgeschichte erheblich – insbesondere für unbegleitete Minderjährige. Das deutsche Bildungssystem sortiere sehr früh. „Hierbei spielt sozialer Status eine große Rolle“, sagt Gülişah Özdoganlar, samo.fa-Koordinatorin in Bielefeld. Für Geflüchtete ist das ein großer Nachteil.

Zumal Kinder mit Migrationsgeschichte weniger Bildungserfolg haben, zeigen einschlägige Studien. „Auf Kinder, die aus einem ganz anderen Schulsystem kommen, ist das Bildungssystem noch immer nicht gut eingestellt“, sagt die Diplom-Pädagogin, die seit vielen Jahren mit unbegleiteten Jugendlichen arbeitet. „Obwohl sich alle Integration und Inklusion auf die Fahnen schreiben, klappt Förderung in heterogenen Gruppen oftmals schlecht.“ Die Kinder und Jugendlichen seien dann schnell „schlecht in der Schule“ und würden nach unten durchgereicht. Besonders für die älteren Jugendlichen ist das problematisch, beobachtet Özdoganlar. „Ohne Abschluss und Erfolge hängen sie auf der Straße herum, verlieren Ziele aus dem Blick und sind gefährdet, sich von schwierigen Peer-Gruppen beeinflussen zu lassen.“ Denn: Be-sonders den unbegleiteten Kindern und Jugendlichen – aber auch denen, die mit Verwandten gekommen sind – fehle im neuen Alltag zunächst sozialer Zusammenhalt.

Migrantenorganisationen können diesen Zusammenhalt bieten: Zum einen durch Aktivitäten wie Sport- und Kulturangebote, in denen geflüchtete mit anderen Jugendlichen aus dem Stadtteil in Kontakt kommen. „Außerdem begegnen sich in den Räumen der lokalen Vereine auch verschiedene Generationen“, sagt die Koordinatorin vom lokalen Verbundspartner BINEMO. Das sei gut, denn vielen geflüchteten Kindern fehle der enge Kontakt zu ihren eigenen Großeltern. „Es tut ihnen auch gut, Menschen aus ihrer Herkunftskultur zu treffen, die den langen Weg in den deutschen Alltag bereits erfolgreich beschritten haben.“ Zudem lernten zum Beispiel Jugendliche aus streng muslimischen Ländern bei Migrantenorganisationen, dass zum Muslimisch-Sein in Deutschland auch selbstbewusste berufstätige Frauen gehören – mit oder ohne Kopftuch.

Diese Lotsenfunktion ist das Besondere an samo.fa: Das bundesweite Projekt wird von Migrantenorganisationen getragen und umgesetzt. Deren aktive Ehrenamtliche unterstützen
beim Ankommen in der Stadtgesellschaft – und arbeiten dabei eng mit anderen Organisationen und Kommunen vor Ort zusammen. Deutschlandlandweit beteiligen sich mehr als 500 migrantische Vereine und Initiativen und 9.000 Ehrenamtliche am Projekt, das seit 2016 vom BV NeMO durchgeführt wird. Durch ihre eigenen Migrationserfahrungen können sie Neuangekommene besonders einfühlsam und qualifiziert begleiten. „Für Neuangekommene ist vor allem die Stadtteilarbeit von samo.fa wichtig“, sagt Gülişah Özdoganlar. „Sie brauchen Kon-takte zu Stadtteilbewohnern sowie Orte, an denen sie sich treffen können und für Unterstützung erreichbar sind.“ Deswegen hat sich das Bielefelder Netzwerk der Migrantenorganisationen in 2018 insbesondere auf stadtteilorientierte Bildungsangebote konzentriert.

In den 32 samo.fa Städten bieten die Partner Kindern und Jugendlichen – und auch ihren Eltern – Räume für Begegnungen und Aktivitäten. „Die Ehrenamtlichen können den Eltern auch besonders gut das deutsche Schulsystem erklären, weil sie es in all seinen Ausprägungen aus eigener Erfahrung kennen – und eben oft auch die Unterschiede zum Bildungssystem der Herkunftsländer“, sagt Özdoganlar. Im dritten Jahr nach dem Flüchtlingssommer hätte sich in den samo.fa-Städten unter den Geflüchteten auch schon ein eigenständiges „Wissensnetzwerk“ zum Thema Schule entwickelt: „Die Informationen und wo man noch genauer nachfragen kann, sprechen sich herum.“
Auf der bundesweiten samo.fa Konferenz mit Projektpartnern und Vertreter*innen aus Stadt, Landes- und Bundespolitik und Zivilgesellschaft am 14./15. September in München wird Bilanz gezogen: Wie kann die erfolgreiche Arbeit der Migrantenorganisationen vor Ort weiter-geführt werden?

Die Pressemitteilung als PDF downloaden. 

Das Programm der Bundeskonferenz finden Sie hier zum Download.

Pressekontakt: Miriam Bunjes 0231-286 78 764, presse@bv-nemo.de

Pressekontakt samo.fa Bielefeld: Gülişah Özdoǧanlar 0521-329 7090, samo-fa_bielefeld@gmx.de, mehr Informationen über BINEMO unter www.bi-nemo.de.

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